Konservatismus und Erneuerung

 

 

 

Die Krise der Gesellschaft geht auch an den Parteien nicht vorbei. Als die CDU am 17.10.2009 das Finanzmarktstabilisierungsgesetz(Bankenrettungspaket) im Bundestag durchpeitschte, dessen Text eine ausländische Wirtschaftskanzlei entworfen hatte, konnte keine der anwesenden Parteien ein konstruktives Gegenkonzept entwickeln. Das gilt auch für DIE LINKE, die dagegen stimmte. Die Parteien haben keinen Vorlauf, der sie befähigt, neue Konzepte auf die veränderte Situation zu entwickeln. Genau genommen, haben sie gar keinen Bedarf danach.

 

Die Finanzkrise war der Auftakt einer höheren Stufe der Ausbeutung der Völker, zu der die Politik die ideologischen und politischen Grundlagen zu schaffen hat und nicht , wie sie sagt, alles tun muss, damit sich so etwas nicht wiederholt. Die zu Rettung der Banken gestartete Finanzaktion führte jedenfalls zu einer neuen Verschuldungswelle, durch die sich die finanzielle Lage in den einzelnen Staaten dramatisch verschlechterte. Nichts wird zur finanziellen Sanierung getan. Stattdessen laufen alle Aktivitäten darauf hinaus, die Abgaben zu erhöhen und die Sozialausgaben zu senken, damit die Staaten ihren Zinsverpflichtungen nachkommen können. Diese Politik hat realwirtschaftliche Auswirkungen und führt zu einer zunehmenden politischen Instabilität. Objektiv wird mit dieser Krise ein globaler Wandlungsprozess eingeleitet, dessen erste Stufe dadurch bestimmt ist, dass die USA mit ihrem westliche Bündnis den Anspruch auf die globale Führungsrolle aufgeben müssen, als Voraussetzung für eine politische und wirtschaftliche Neuordnung der Welt. Damit ist die Globalisierung als Gesellschaftsmodell gescheitert.

 

Die Parteien in Deutschland sind auf die tieferen Folgewirkungen der Krise überhaupt nicht eingestellt. Eigentlich müssten jetzt die inneren politischen Kräfte sich darauf konzentrieren, Deutschland gesellschaftlich neu auszurichten, damit es nicht den Anschluss an die sich verändernde Welt verliert bzw. an diesem weltpolitischen Wandel aktiv teilnehmen kann. Doch davon ist nichts zu spüren. Die Parteien fahren in den alten eingefahrenen Gleisen weiter. Der   Blick in die Zukunft fehlt ihnen. Sie denken höchstens bis zu den nächsten Wahlen und kalkulieren über ihre Chancen bei der dann anstehenden Machtverteilung. An einer Überwindung der Krisensituation arbeiten sie nicht. Das führt dazu, dass sie an Resonanz verlieren und ihre Mitgliederzahlen sinken. Das trifft vor allem auf die beiden sogenannten Volksparteien zu. Vor der letzten Bundestagswahl hatten viele Bürger die Hoffnung, dass nach der Wahl ein Neuanfang stattfinden würde, denn die Große Koalition war am Ende völlig verschlissen.

 

Doch dann kam die Enttäuschung, die eigentlich auf einer Selbsttäuschung beruhte, weil ein wirklicher Neuanfang von keiner Partei versprochen worden war. Als es gewiss wurde, dass es keinen Neuanfang geben würde, verflog bei der Mehrheit der Bürger der Rest an Vertrauen in die Demokratie. Die schwarz-gelbe Regierung bekannte sich ungeniert zur Fortsetzung der bisherigen Politik. Koalitionsvertrag und Regierungserklärung der Bundeskanzlerin enthielten keine Wende. Und so sprach man bald von einem Fehlstart der neuen Regierung.

 

In den Parteien herrscht schon seit langem ein geistiger Stillstand, der sie handlungsunfähig macht und zersetzt. Um diese Situation zu überwinden, haben Vertreter der SPD, der Partei DIE LINKE und der Grünen eine gemeinsame Denkfabrik gegründet, ein „Institut solidarische Moderne“. Sie haben die Absicht, Konzepte zu entwickeln, die mit parlamentarischen Mehrheiten gesellschaftliche Veränderungen ermöglichen. Gemeinsam ist diesen drei Parteien, dass sie zwar offiziell in der Opposition sind, aber als etablierte Systemparteien eine systemstabilisierende Opposition betreiben. Wenn also Vertreter der drei genannten Parteien eine Denkfabrik gründen, dann wollen sie sich für die nächsten Wahlen bessere Chancen sichern. Würden sie den Dingen auf den Grund gehen, dann wäre das gegen die Spielregeln und sie wären bei den nächsten Wahlen nicht mehr dabei. Insofern ist von dieser Denkfabrik nichts Weltbewegendes zu erwarten.

 

Auch in der CDU rumort es, da der Rückhalt der Partei in der Bevölkerung schwindet. Der Parteivorstand baut nicht mehr vor allem auf die traditionellen Werte und Wählerschichten, sondern will sich – wie das in der „Berliner Erklärung“ vom 15.01.2010 zum Ausdruck kommt - neu als Partei der Mitte formieren. Der Stoss richtet sich eindeutig gegen die konservativen Kräfte. Schon seit längerer Zeit gibt es in der Partei Unzufriedenheit mit der Führung. Der Vorwurf lautet: die Partei gleite immer mehr auf einen Linkskurs, wobei dieser Vorwurf stark auf die Person von Frau Merkel gerichtet ist. In dem Zusammenhang bildete sich eine Initiative „Linkstrend-stoppen“, in der sich konservative Kräfte zusammengeschlossen haben. In einem „Manifest gegen den Linkstrend“ zählen sie sieben Punkte auf, die deutlich machen sollen, dass die Partei von den christlich-konservativen und marktwirtschaftlichen Positionen abrückt. Nach Auffassung der Konservativen zerstört die Partei damit ihr Profil und ihre Verankerung im Volk. Die Unterzeichner des Manifestes fordern eine “grundlegende Kurskorrektur“ und eine „geistige Wende“, um die Zukunft Deutschlands zu sichern.

 

Die Unterzeichner des Manifestes sind Pragmatiker, die als ersten Kritikpunkt den „Marsch in den Schuldenstat“ nennen. Diese Sicht ist zweifellos richtig, denn Deutschland kann mit dem staatlichen Schuldenberg von gegenwärtig 1,66 Billionen Euro Schulden nicht leben. Wer Deutschland erhalten will, der muss sich gegen den Schuldenberg aussprechen. Hier liegt das größte gemeinsame Interesse aller Deutschen vor, unabhängig von aller weiteren politischen Nuancierung. Wenn die Konservativen in der CDU dieses Problem an die Spitze stellen, dann ist das eine gute Grundlage für einen gemeinsam organisierten Widerstand.

 

Die Unterzeichner des Manifestes wenden sich zweitens gegen linke gesellschaftspolitische Auffassungen, die zu einer Auflösung traditioneller sozialer Beziehungen führen, wie Gender-Mainstreaming und Homo-Ehe und das Antidiskriminierungsgesetz. Der soziale Nihilismus, der im besonderen von den Grünen und Teilen der LINKEN propagiert wird, gipfelt in den linksextremen gewaltbereiten Demonstranten und Randalierern, die heute schon der Gesellschaft enorme Kosten und Unruhe verursachen.

 

Drittens prangern die Konservativen die gescheiterte Multi-Kulti-Integrationspolitik an.

 

Viertens wenden sie sich gegen die „linke Schulpolitik“, die zu einer geistig-kulturellen Entwurzelung und Verrohung der Umgangsformen der Kinder führt.

 

Fünftens stellen sie einen mangelhafte Unterstützung für die „deutschen Opfer der Vertreibung“ fest, als logische Folge der These von der deutschen Alleinschuld.

 

Sechstens fordern sie einen konsequenten „Lebensschutz“, besonders vor der straffreien Kindestötung durch Abtreibung.

 

Siebentens warnen sie vor der „Gefahr der Islamisierung“ und vermissen eine klare Absage an den „EU-Beitritt der Türkei“.

 

Man kann dieses „Manifest gegen den Linkstrend“ als das Credo der Konservativen in Deutschland bezeichnen. In ihm werden politische Defizite der CDU aufgezeigt, die in Endkonsequenz zur Zerstörung der nationalen Eigenständigkeit Deutschlands führen. Bemerkenswert ist dabei, dass sie an erster Stelle die gigantische Staatsverschuldung nennen. Das Schuldenjoch führt unweigerlich in ein tödliches Siechtum und damit zum Verlust der Lebenswillens und der Fähigkeiten der Bürger, zu einem sukzessiven Schwund der Lebenskräfte unseres Volkes. Die Konservativen beklagen das und wollen diesen verderblichen Zug aufhalten. Hier offenbart sich aber auch ihre Schwäche. Sie prangern die Mißstände an, aber sie formulieren keine Lösungswege. So sagen sie nicht, wie sie den riesigen Schuldenberg aus dem Weg räumen wollen.

 

Die Konservativen beklagen den Verlust von Werten. Sie wollen verloren Gegangenes wiederherstellen, deshalb sprechen sie von einer Wende. Doch Wende bedeutet, dahin zurückzugehen, woher man gekommen ist, bedeutet Umkehr in die Vergangenheit. Doch die Erhaltung des Verlorengegangenen gelingt nicht als einfache Wiederholung. Die Erhaltung von Werten bedarf der Kreation von Neuem, in dem sich das Überlieferte fortsetzt. Deshalb: man kann Deutschland nicht erhalten, ohne es zu erneuern und nur indem es erneuert wird, erhält man es. Alles andere ist Illusion. Die von den Konservativen aufgezeigten gesellschaftlichen Defizite sind echte Gefahren für den Bestand unseres Volkes. Sie sind Symptome, Folgen einer Politikbestimmung, die bis in die Anfänge der BRD zurückreicht.

 

Die Einbindung Westdeutschlands in das westliche System resultierte aus seinem Vasallenstatus gegenüber den USA. Sie ist nicht Resultat einer freien Willensentscheidung des deutschen Volkes. Nur war es nach den Zweiten Weltkrieg so, dass die deutsche Eigenart noch tief verwurzelt war.  Der Nationalsozialismus hatte sie nicht ausgerottet, sondern sie missbraucht. Nach dem Krieg drängten die Siegermächte das nationalsozialistische Gedankengut zurück, sowohl im Westen wie im Osten Deutschlands. Doch hinsichtlich der Stellung zum deutschen Kulturgut gab es Unterschiede.

 

Im Osten wurde eine Synthese zwischen sozialistischer Orientierung und nationaler Eigenart angestrebt, ohne freilich soweit zu gehen, dass ein deutscher Weg zum Sozialismus zugelassen wurde. Im Westen Deutschlands wurde dagegen eine westliche Lebensweise kreiert, die einen Rückgriff auf die deutsche Eigenart nicht vorsah. Eine Orientierung auf das Nationale gab es von der ideologischen Orientierung her nicht. Aber es war noch da und wurde von den Politikern beachtet, doch mit fortschreitend abnehmender Tendenz. Die Durchsetzung der westlichen Lebensweise stand im Widerspruch zur deutschen Gesinnung, so dass diese im Verlaufe der Zeit mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. Es ist daher nicht haltbar, dass diese Tendenz erst mit Frau Merkel aufgetreten ist.

 

Der nationale Kulturverrat begann schon mit Adenauer. Von ihm stammt der Satz: „Lieber das halbe Deutschland ganz, als das ganze Deutschland halb.“ Adenauer war kein Deutscher wie er von den Konservativen verkörpert wird. Er hatte den von den Alliierten übertragenen Auftrag angenommen. Er war ihr Erfüllungsgehilfe, nicht ein Handelnder, der sich dem ganzen deutschen Volke verpflichtet fühlte. Insofern ist der Hinweis der Konservativen auf Adenauer nicht gerechtfertigt. Sicher, der Spielraum, den die Alliierten den deutschen Politikern damals ließen, war äußerst gering. Das brachte auch Carlo Schmid in seiner berühmten Rede zum Grundgesetz vor dem Parlamentarischen Rat im Jahre 1948 zum Ausdruck. Er war sich dieses qualvollen Widerspruchs bewusst. Er vertrat standhaft die Auffassung, dass das Grundgesetz nur ein Provisorium und die zu schaffende BRD nur eine „Modalität von Fremdherrschaft“ sei. Auf diese damals vorherrschende Auffassung ist auch der Artikel 146 zurückzuführen, der eine vom deutschen Volk beschlossene Verfassung fordert und bis heute nicht erfüllt wurde, obwohl mit der Zusammenführung von West- und Ostdeutschland die formalen Voraussetzungen gegeben sind.

 

Die westdeutschen Politiker erfüllten einen alliierten Auftrag - im Ost-Westkonflikt und nicht anders. Und die wirklichen Patrioten ersehnten sich den Augenblick, wo diese nationale Schmach zu Ende sein würde. Natürlich galt auch für die ostdeutschen Politiker, dass sie einen sowjetischen Auftrag erfüllten. Das war ihre Realität, die sie anerkannt haben. Und weder hüben, noch drüben gab es hier größeren Widerstand, aber „Abweichler“ gab es auf beiden Seiten.

 

Die westdeutschen Politiker, die deutsch dachten, beugten sich, in der Hoffnung, eines Tages diesen Zwang abschütteln zu können. Aber daraus wurde nichts. Damals wurden also die Weichen gestellt für die Symptome, die die Konservativen heute anprangern. Man sollte den Politikern von damals keinen Vorwurf wegen ihres kleinmütigen Verhaltens machen. Das Erlebnis des totalen Zusammenbruchs war zu stark und die Chance, sich erfolgreich durchzusetzen, war gleich Null. Wenn wir uns die damalige Situation vor Augen führen, sollten wir heute um so mehr entschlossen sein, das zu tun, was damals nicht möglich war, das deutsche Selbstbewusstein stark zu machen und die damals erzwungenen Auflagen zu korrigieren. So zu handeln bedeutet, ein Vermächtnis erfüllen. Die Welt hat sich entschieden geändert, die Nachkriegsordnung geht zu Ende. Die USA sind keine globale Führungsmacht mehr. Die deutsche Vasallenrolle ist überlebt. Die Neuformierung Deutschlands wird möglich. Und diese Neuformierung muss im nationalen Sinne erfolgen.

 

Die alternative demokratische Opposition bekennt sich zum konservativen politischen Element, insofern es auf die Erhaltung des Nationalen ausgerichtet ist. Sie lehnt es ab, wenn es vergangene politische Verhältnisse restaurieren will. Das National-Konservative sichert die Kontinuität der Entwicklung. Wird dieses nicht beachtet, dann verliert die Entwicklung ihren nationalen Rückhalt und damit ihre wichtigste Triebkraft. Die Erneuerung Deutschlands kann sich nur in nationalen Bahnen vollziehen. Das Nationale ist nicht eine beliebige Äußerlichkeit, sondern die Form des Neuen. Aber diese Ausrichtung auf das Neue fehlt bei den heutigen Konservativen. Wir meinen hier den Schwerpunkt der politischen Reform, die Schaffung einer neuen Stufe der Volkssouveränität.

 

Die Orientierung auf das Neue ist eine Bedingung für die nationale Kontinuität. Es gibt keinen Stillstand. Man kann das Nationale nicht erhalten, ohne sich zugleich auf das Neue auszurichten.  Das ist der Hauptgrund dafür, weshalb die Konservativen als politische Kraft im Zwanzigsten Jahrhundert versagt haben. Ihnen ging es um die Erhaltung und um die Wiederherstellung vergangener  Institutionen und Statuswerte. So war der Konservatismus in der Weimarer Zeit von einem monarchischen Geist durchzogen, der sich dem Nationalsozialismus unterordnete. Wichtiger als die Besinnung auf das Nationale war Antikommunismus, der beide verband. So richtig es ist, dass die Konservativen das Nationale betonen, so falsch ist es, dass sie die sozialen Fragen vernachlässigen  und diese den linken Strömungen überlassen.

 

Die Unterzeichner des Manifestes fordern eine „grundlegende politische Kurskorrektur, eine geistige  Wende“. Doch diese geistige Wende umfasst mehr, als das, was sie in ihren sieben Punkten formulieren. Diese geistige Wende beinhaltet ein neues Europa-Bild, beinhaltet den Schlußstrich unter die Nachkriegsentwicklung, ja, beinhaltet auch eine Neubestimmung der Gegenstandes menschlicher Tätigkeit. Doch soweit loten sie den Begriff nicht aus, obwohl sie von einer Wende sprechen und nicht von einer Korrektur. Wenn sie das konsequent meinen, dann liegt hier die Verknüpfung mit der alternativen Demokratie.

 

Die alternativen Demokraten wollen nicht erst ein komplettes geistiges Bild von der Zukunft entwerfen, sondern sie stehen auf dem Standpunkt, dass die Entwicklung, die Wandlung der Gesellschaft, ein geistig-praktischer Prozess ist. Eine solche Herangehensweise sichert eine optimale Entwicklung, verhindert das gesellschaftliche Experimentieren mit theoretischen Gesellschaftsentwürfen, das immer ein Risiko darstellt.

 

Das Subjekt dieser Entwicklung ist die ganze nationale Gemeinschaft, das Volk, das mit den anderen Völkern in geistigem Austausch steht und dabei niemals seine Souveränität aufgibt. Es wäre ein Kardinalfehler, wenn die nationale Erhaltung verspielt würde, weil das zur Folge hätte, dass die Souveränität verloren geht. Die linken Nihilisten, die diesen Fehler begehen, haben alle Befreiungsbewegungen im Zwanzigsten Jahrhundert einfach nicht verstanden. Volkssouveränität gibt es nur im nationalen Gewand.

 

Es waren die linken Kräfte, die bisher am entschiedensten sich für fortschrittliche Veränderungen eingesetzt haben und dabei in der Praxis, wenn es also konkret wurde, die nationale Fahne hochgehalten haben. Dass sie dabei mit dem Sozialismus utopische Ziele verfolgt haben, sei hier nur erwähnt. Hervorzuheben ist, dass die Linken, auch als bekennende Internationalisten, sich auf das Nationale stützten, weil sie sonst keine Resonanz beim Volk gehabt hätten. Das führte dazu, dass zwischen ihnen und den Konservativen eine Rivalität entbrannte. Die Linken nannten die Konservativen rechte Reaktionäre und die Konservativen nannten die Linken Vaterlandsverräter. Volk und Nation wurde getrennt, obwohl beides zusammengehört.

 

Die Konservativen beanspruchten das Nationale und die Linken das Volk. Und so stritten sie unter verschiedenen Begriffen um etwas Gemeinsames und verbrauchten nutzlos die Kraft des Volkes, ohne eine brauchbare Lösung zu finden. Sowohl das linke als auch das rechte Zukunftsziel erwies sich als Schimäre. Nützlich war dieser sinnlose Kampf nur für diejenigen, die das Volk in seiner Ganzheit ausbeuten, indem sie ihm Schuldzinsen abpressen. Das war in der „Weimarer Zeit“ so und das ist heute wieder so.

 

Die alternativen Demokraten können weder in den Konservativen, noch in den Linken aufgehen. Aber was sie aufgreifen können und müssen, das ist die nationale Farbe. In der nationalen Farbe verkörpert sich die Idee des Volkes. Sich an die nationale Farbe zu halten, heißt, das Volk als Souverän in Aktion zu bringen. Wenn also die Konservativen national sind und auch die Linken sich dem Volk verpflichtet fühlen, dann besteht hier der Zugang zu den alternativen Demokraten.  Eine volkssouveräne Demokratie kann gar nicht anders existieren als in den Farben des Volkes. Der Streit um den Inhalt ist kein Streit mehr um Vergangenheit und Zukunft, sondern löst sich auf in die Gestaltung der Gegenwart. Es wird also kein fernes Ziel mehr angestrebt, sondern die Gegenwart ist der Zweck der Bewegung.

 

Die Konservativen verstehen sich als Kritik von Rechts, die den Gegenstand ihrer Kritik links sehen. Diese Blickrichtung lässt sie ins Leere laufen. Bezogen auf das erwähnte Manifest bedeutet das: die BRD driftet nicht nach links, sondern sie driftet in ein totalitäres Regime hinein, in einen Zustand der Beschneidung der Bürgerrechte, der Entmündigung des Menschen. Eine Besonderheit ist dabei, dass diese Diktatur als eine Parteiendiktatur existiert.

 

Die alternativen Demokraten stellen dagegen die Volkssouveränität in den Mittelpunkt. Ihres Erachtens stehen sich Volkssouveränität und Parteiendiktatur gegenüber. In der neuen Form der Volkssouveränität sehen sie den Schlüssel aller weiteren Entwicklung. Auch sie setzen die Staatsverschuldung an die erste Stelle ihrer Forderungen. Mit der Beseitigung des Schuldenberges, zunächst durch ein Schuldenmoratorium und danach durch eine vom Volk beschlossene Schuldenstreichung, wird den Herrschenden das wichtigste Unterdrückungsmittel, das privatkapitalistische Finanzgeflecht, aus den Händen genommen, das nicht nur das Volk ruiniert, sondern auch die Realwirtschaft, auch in ihrer kapitalistischen Form, in eine falsche Richtung steuert und damit ruiniert. Damit stellt sich die Frage, was nun als allgemeines Steuermittel fungieren soll? Der privatkapitalistische Finanzkapitalismus ist heute die Übermacht über alle staatlichen Strukturen. Fällt er weg, so muss die Volkssouveränität zum umfassenden Steuerungsmittel werden. Das ist die einzige logische Konsequenz.

 

Die Konservativen lassen nicht nur offen, wie sie den Schuldenberg beseitigen wollen, ohne dabei das Volk und Wirtschaft zu schädigen, sie fordern auch nicht die Volkssouveränität als neues Ordnungsprinzip. Sie lassen diese Fragen offen, weil sie es nicht zu einer Konfrontation mit den systemrelevanten Mächten kommen lassen wollen. Solange sie diese Bereitschaft nicht signalisieren, solange sind ihre Fordrungen auf Sand gebaut, denn das Nationale an sich ist keine politische Forderung.

 

Volkssouveränität und Herrschaft schließen sich aus. Auch eine Volksherrschaft ist unsinnig. Die alternative Partei tritt nicht an, um die Herrschaft zu übernehmen. Darin liegt ihr entscheidender Unterschied zu allen bisherigen Parteien. Sie tritt für ein direktes geheimes Wahlrecht ein, ohne Parteienliste, bei dem der Bürger den Bewerber wählen kann, der für ihn am überzeugendsten ist. Ihr Bestreben ist nicht eine neue Spielart von Parteiendemokratie, sondern sie will die Bürgerdemokratie. In dieser Richtung muss sie unermüdlich wirken - und wird sie Erfolg haben, denn hier liegt der Kerngedanke einer neuen Ordnung.

 

                                                                                   

J. Hertrampf, 27. Februar 2010