Globale Finanzkrise - Yankee-Monopoly

 

 

10. Oktober 2008 FP Deutschlands 

 

von J. Hertrampf

 

Eine neue Seite der Geschichte aufschlagen oder weitermachen wie bisher? Aber ein Weitermachen wie bisher bedeutet, dass alles nur schlimmer wird, denn die gegenwärtige Lage ist Resultat bisheriger Politik. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo sich die Geister scheiden. Das Zukunftsträchtige muss sich vom Rückständigen abzweigen.

 

 

Wie sicher ist unser Erspartes? Werden wir morgen noch das Geld haben, um Lebensmittel, Kleider, Heizung bezahlen zu können? Ist unsere Existenz überhaupt noch sicher? Die Bürger befürchten, dass der weltweite Absturz der Banken das Vorspiel ist für die Implosion der Gesellschaft, für soziale Not und neue Kriege. Die Bilder von 1929 kommen in die Erinnerung. Doch da verkündet Frau Merkel: „Wir sagen den Bürgerinnen und Bürgern, dass ihre Einlagen sicher sind.“ Dieser Satz erinnert sehr an die Aussage von Herrn Blüm: „Die Renten sind sicher.“ Solange nämlich nicht ein klares nachvollziehbares Konzept vorgelegt wird, wie das erreicht werden soll, sind solche Worte leere Versprechungen, wie wir sie seit eh und je von den Politikern und speziell von Frau Merkel gewöhnt sind. Wenn die BRD ein finanziell stabiler Staat wäre, hätten solche Worte noch ein gewisses Gewicht, aber dem ist nicht so. Die BRD ist ein überschuldeter Staat, der selbst Kredite braucht, um jährlich seine Zinsen zu bezahlen. Dass der Absturz kommen musste, wurde seit langem vorausgesagt, aber nun, da wir mitten drin sind, ist es beängstigend, in dieser Welt zu leben. Die Lage ist also außerordentlich dramatisch, zumal die Bundesregierung nicht die geringsten Anstalten macht, vom alten Kurs abzugehen. So hat sie inmitten der jüngsten Ereignisse den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan erweitert und verlängert. Und innenpolitisch setzt die CDU die SPD unter Druck, um in Hessen die Ablösung der CDU-Landesregierung zu verhindern. Das alles hat mit Umdenken nichts zu tun, vergrößert den Vertrauensschwund und dient nicht der Stabilisierung der Haushaltslage der BRD. Die Unglaubwürdigkeit der Bundeskanzlerin ist einer ihrer besonderen Charakterzüge.

 

 

Die Bundesregierung will die Situation retten, indem sie die angeschlagenen Banken mit kräftigen Finanzspritzen wieder auf die Beine bringt. Reichlich wurden schon Milliarden in das Finanzsystem der USA geleitet und – wie der Fall der Hypo Real Estate beweist – ist die Regierung bereit, gemäß dem Vorbild der USA, großzügig staatliche Gelder auszugeben. Und das alles ohne Streit mit der Opposition, ohne Bundestagsbeschluss, denn die Erhaltung des Finanzsystems liegt auf der obersten Prioritätsstufe. Nachdem sich die EU anfangs etwas unsicher verhalten hat, will sie jetzt auf Anregung von Sarkozy ihren Beitrag zur Beilegung der Finanzkrise koordinieren und mit den USA und anderen Industriestaaten enger zusammenarbeiten. Die EZB als finanzpolitischer Zusammenschluss der EURO-Zone innerhalb der EU hat inzwischen über 600 Mrd. Euro nach den USA transferiert. Hunderte von Milliarden, man beachte Milliarden, über Millionen wird schon nicht mehr geredet, aber eine Gesundung der Börsen ist nicht eingetreten. Auch das beschlossene Rettungspaket der USA von 700 Mrd. Dollar hat dem Börsentaumel nicht beendet. Das alles mutet so an, als würde man einen defekten Ballon damit in der Luft halten, dass man ihn ständig neu aufpumpt. Ist also der Geldzufluss vergeblich, weil die Börsen auf diese Zuführungen nicht positiv reagiert haben?

 

 

Aber eines ist unbestreitbar und wurde zu Beginn der Krise auch vereinzelt offen ausgesprochen: die entstehende Belastungen wird der Steuerzahler tragen müssen, denn soviel „frisches Geld“ ist gar nicht da. Plötzlich fließen Milliarden, obwohl die Staaten hoch verschuldet und ihre Kassen leer sind. Wie lässt sich dieser Widersinn erklären? Des Rätsels Lösung ist, dass Dollar und Euro bekanntlich als Fiat Money geschöpft werden, also keine reale Deckung mehr haben. Neben der inflationären Wirkung, die diese Geldemission hat, die Preise der Waren steigen, aber nicht die Einkommen der Bürger, hat die ganze Angelegenheit noch einen weiteren Haken für ihn: dieses imaginäre Geld muss von den Regierungen als Kredit beschafft werden. Und das bedeutet, dass der Staat dafür Zinsen zu zahlen und die Kredite zurückzahlen muss – und das alles von den Steuern der Bürger. An dieser Stelle wird klar, dass dieser Finanzkollaps einen unvorstellbaren Raubzug auf die Tasschen der Bürger auslöst. So aufregend die Finanzkrise für die Öffentlichkeit ist, sie ist ein Beutezug der Mächtigsten sondergleichen. Mit Hilfe des Fiat Money wird Geld angeeignet, hinter dem Leistung steckt. Der Zauberer auf der Bühne hält die Zuschauer in Atem und nach der Vorstellung gehen sie mit leeren Taschen nach Hause. Dieses Leistungsgeld holen sich die Mächtigsten mit imaginärem Geld. Auf dieses Leistungsgeld sind die Herrschenden scharf, weil sie mit ihm Kriege und ein luxuriös Leben führen können, weil der Besitz dieses Leistungsgeldes erst wirkliche Herrschaft bedeutet. Das Fiat Money ist nur ein Mittel zum Zweck. Das ist es, weshalb wir sagen können, diese Finanzkrise ist ein Akt dauernder Umverteilung zu Gunsten der wirklich Herrschenden, ist ein globaler Betrug an der Menschheit. Der Staat sichert mit seiner Steuerpolitik, dass stets genügend Geld da ist, um die Zinsen zu bezahlen und erfüllt die Rolle des Zinseintreibers für die Banken, des Eintreibers des Leistungsgeldes, die ihm dafür wieder Geld für seine Politik zur Verfügung stellen. So schieben sich Staat und Banken die Karten zu und der Bürger ächzt und stöhnt – Kreditaufnahme durch den Staat – Zinsabführungen an die Banken und das in steigendem Maße. So hat der Staat ständig Geld für seine Politik und die Banken steuern mit ihren Krediten das Gesamtsystem jenseits aller demokratischen Einflussnahme. Auf die Frage, warum sich der Staat des Geldsystems bedient und nicht durch blanken Zugriff sich die Leistungen der Bürger aneignet, wie das der Sklavenhalter getan hat, gibt es letztlich die Erklärung, dass mit Hilfe des Kreditgeldes sich Herrschaft und Leistungsantrieb in vollendeter Form verbinden. Geld ist Peitsche und Kette zugleich, es eröffnet Freiheit und schafft Abhängigkeit zugleich.

 

 

Die Steuerung der Geldströme durch die Banken ist ein staatlich garantierter Vorgang, der über Tod und Leben der Gesellschaft entscheidet. Wie der Einsturz der beiden Türme des World Trade Centers den Menschen die Gefahr des Terrorismus einsichtig machte und ihre Zustimmung oder wenigstens Duldung von Kriegen förderte, so ist die gegenwärtige Finanzkrise das geeignete Mittel, um eine neue Stufe der Ausplünderung der Völker einzuleiten. Die Furcht der Menschen, in einen alles verschlingenden Strudel zu geraten, soll sie für neue Belastungen gefügig machen. So wird erklärbar, dass die Medien und andere Dunkelmänner einerseits die Ängste der Bürger anheizen und zu gleicher Zeit die Politiker die Gemüter beschwichtigen. So verbreiten die Medien düstere Zukunftsprognosen und biedermännische Vertrauensposen der Politiker, als seien diese inmitten der stürmischen See der sichere Anker für den Bürger. Solche Bankenpleiten sind immer mit gesellschaftlichen Verwerfungen verbunden, bei denen der „kleine Mann“ in jeder Hinsicht den Kürzeren zieht.

 

Erinnern wir uns: 1929 war das dramatische Vorspiel für 1933. Frau Merkel beteuerte nun, dass der Bürger diesmal glimpflich davon kommen wird, dank der staatlichen Sorgfaltpflicht. Welche ein Sirenengesang angesichts des völligen „Versagens“ ihres Finanzministers im Falle der KFW-Überweisung an die nicht mehr existente US-Bank Lehman Brothers.

 

 

Neben der Beschwichtigung, dass der Bürger ja grundsätzlich seinem Staat vertrauen kann, kommt die wohlwollende Meinung, dass man ihm ja nicht alles zumuten darf. Wenn nicht alles, so doch etwas, denn er hat schließlich auch ein Interesse daran, dass das Finanzsystem weiter funktioniert. „Der Bundestag muss zu einer Sondersitzung zusammentreten und auf eine faire Lastenverteilung zwischen den Steuerzahlern und dem Finanzsektor drängen“, tönt es angesichts der aktuellen Krise um die Hypo Real Estate aus dem Bund der Steuerzahler. Fair muss es zugehen, wie überhaupt seriös und rechtlich korrekt. Daran ermahnt der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Herr Däke, die Bundesregierung und Frau Merkel hat schon angekündigt, dass die Bundesregierung die „Schuldigen“ zur Verantwortung ziehen wird. Er fordert, Offenheit und Transparenz müssen dem Kungeln hinter verschlossenen Türen ein Ende bereiten. Das klingt bürgerfreundlich, ist aber nichts als Augenwischerei, denn wir brauchen nicht schlechthin die öffentliche Diskussion, die haben wir schon, gleichgeschaltet und aus dem Hintergrund gesteuert, sondern wir brauchen die öffentliche Diskussion über das Vorgehen der Bundesregierung und die demokratische Alternative dazu. Setzen wir zu dem Begriff öffentlich noch den Begriff frei. Ja, wir brauchen eine freie öffentliche Diskussion über den Weg aus der Krise. Für uns gibt es keine plausible Begründung dafür, dass der Bürger das korrupte nationale und internationale Finanzsystem retten soll. Denn dieses arbeitet nicht in seinem Interesse. Das Geld, das er dafür ausgibt, ist für ihn auf Nimmerwiedersehen verloren. Soll er sein mühsam Erarbeitetes und Erspartes diesem in den unersättlichen Rachen werfen?

 

 

Hier kommen wir schließlich zur Kernfrage: Wie soll man vom demokratischen Standpunkt aus mit dieser Finanzkrise umgehen?

 

 

Die Krise führt zu einer globalen Umschichtung in den Regionen, die zum Einflussbereich gehören, bei der die einen verlieren und die anderen gewinnen. Es gibt also Kräfte, die an ihr Interesse haben und Kräfte, die an ihr kein Interesse haben. Daraus ergibt sich weiter, dass bestimmte Kräfte auf die Krise hingearbeitet haben und diese vorantreiben, bis zu dem Punkt, an dem sie ihr Ziel glauben erreicht zu haben. Die Finanzkrise kommt also nicht über die Menschen wie ein Unwetter, sondern sie ist von Menschen für Menschen gemacht, folglich sind die Leute am Steuer des Finanzsystems das große Problem. Sie sind die treibende Kraft weil sie sich in ihr einen Ausweg erhoffen aus ihrer prekären Situation: aus dem veränderten internationalen Kräfteverhältnis. Die USA schwächeln, sie haben die Führungsrolle verloren. Allein militärisch kann sie nicht wieder hergestellt werden. Sie möchten den Abwärtstrend stoppen und das Steuer zu ihren Gunsten herumreißen. Wenn Herr Steinbrück „neue Verkehrsregeln auf den Finanzmärkten“ fordert, um solche Krisen künftig zu vermeiden, verkennt er damit den wahren Charakter der Krise. Der US-Finanzminister Paulson, selbst Hedgefonds-Milliardär, hat da die Richtung gewiesen. Durchführung einer Weltkonferenz zur Stabilisierung der Märkte, nennt er es, was in Wirklichkeit der Versuch ist, wieder die Führung des Weltfinanzsystems zu übernehmen.

 

 

Und das bedeutet nichts anderes, als dass die USA eine ihnen genehme Finanzordnung reorganisieren wollen. Dass dabei in den USA und weltweit Banken, Konzerne, Arbeitsplätze und Ersparnisse der kleinen Leute verschwinden, ist eine Begleiterscheinung, wie das Sterben der Soldaten im Kriege. Der Kampf erfordert Opfer, vor allem bei den unteren Rängen. Zu dieser neuen finanziellen Weltordnung gehört natürlich auch eine entsprechende Ideologie und Manipulation. Dazugehört ein Drohszenario in den schlimmsten Farben und die Verheißung, dass alles noch einmal glimpflich verlaufen kann, wenn, ja wenn das getan wird, was Herr Bush und Herr Paulson vorschlagen. In dieser Phase befinden wir uns gegenwärtig. Nachdem mit grobem Geschütz gefeuert wurde, die Welt in größte Ängste gestürzt wurde, werden jetzt Silberstreifen am Horizont gezeichnet, kommt die Phase des Aufatmens, die Phase der „konstruktiven“ Zusammenarbeit, sprich, die Phase, in der die Fesseln festgezurrt werden. Das System bricht nicht einfach so zusammen. Alle Prophezeiungen vom automatischen Zusammenbruch des Systems sind Hirngespinste. Es reproduziert sich immer aufs neue.

 

 

Wer heute den Zusammenbruch voraussagt, ist ein Scharlatan oder ein bezahlter Stimmungsmacher, denn diese Angstzustände werden gebraucht. Angst ist ein Gefühl der Ohnmacht. Wer in der heutigen Situation die Bürger auffordert, den Geldfluss zum Erliegen zu bringen, liefert die Bürger einem fürchterlichen Schicksal aus. Wir Demokraten wollen keine Panik und kein Chaos, weil beides dem System nützt. Wir wollen den Systemwandel ohne sozialen Absturz! Wir propagieren deshalb auch nicht den individuellen Ausweg, die Nische, sondern wir sagen: das beste Mittel gegen die soziale Unsicherheit ist der Politikwandel. Wer die Zertrümmerung der alten Gesellschaft als Voraussetzung für die Errichtung der neuen Gesellschaft ansieht, wird nie in der neuen Gesellschaft ankommen.

 

 

Die von den Regierungen unternommenen Rettungsaktionen sind nicht das, was wir brauchen, weil sie nicht auf eine Reform hinauslaufen, sondern die Ursachen der Krise belassen. Die Finanzblase, dieses Ausbeutungsmittel, wird nicht kleiner. Die Milliarden, die abgeschrieben wurden, werden durch mehr Milliarden ersetzt. Die Demokraten wollen eine Erneuerung, die auch die Ablösung dieses Finanzsystems einschließt. Ein generelles Schuldenmoratorium wäre der erste große praktische Schritt, sich von dem verderbenbringenden finanziellem Schulddruck zu befreien. Die Demokraten müssen für eine Ablösung ohne Panik und ohne Chaos eintreten, überlegt und Schritt für Schritt. Das ist im Sinne der Bürger. Die Lösung der Finanzkrise ist also nicht in erster Linie ein finanztechnisches Problemein, sondern vor allem ein politischer Paradigmenwandel. Wie er verläuft, hängt auch vom Verhalten der Regierenden ab, von ihrer Einsicht, dass ihre Zeit abgelaufen ist.

 

 

Zwei Schritte müssen umgehend getan werden:

 

a. Die Distrahierung der Finanzsysteme. Sofortige Einstellung der Milliardenzahlungen an die Banken. Diese sanieren nicht, sondern sind Öl ins Feuer. Entflechtung und Auflösung der internationalen Finanzsysteme.

 

 

b. Die Wiederherstellung der nationalen Währungshoheit. Stabilisierung der nationalen Finanzsysteme, Schuldenmoratorium und damit Sicherung der nationalen Wirtschaftskreisläufe.

 

 

Das globale Sicherheitsdenken darf das nationale Vorgehen nicht ausschalten oder diskreditieren. Globale Anliegen bedürfen nationaler Wege. Es ist eine undialektische Denkweise, dass Menschheit und Völker einen Gegensatz bilden. Internationale Zusammenarbeit muss diesem neuen Denken verpflichtet sein. Und das wiederum setzt voraus, dass in den Regierungen neu gedacht wird, dass die Mentalität des Vasallentums, die Denkweisen der gegenwärtig Regierenden der Vergangenheit angehören. Die Demokratisierung der nationalen politischen Systeme ist also eine Grundlage der weltweiten finanziellen Gesundung. Die aktive Einbeziehung der Völker in die Politikgestaltung gibt die Gewähr ihres demokratischen Charakters. Dann wird die Lösung auch friedlich und unmittelbar positiv für jeden einzelnen verlaufen. Die Idee der demokratischen Erneuerung ist also der Kern der Lösung der Finanzkrise.