Die DM - der springende Punkt

 

Es wird nichts weiter übrig bleiben, als schließlich doch zu den nationalen Währungen zurückzukehren. Die Hoffnung, daß sich die Krise auflöst, geht nicht in Erfüllung. Die Bundesregierung - und in ihrem Schlepptau der Bundestag - haben es nicht erreicht, den deutschen Finanzhaushalt zu stabilisieren, was zunächst auch auf Grund seiner Verflechtung mit der EU und der Erfüllung vorrangiger Vasallenpflichten unmöglich ist. Aber selbst dann, wenn sie Herr der Verhältnisse wären, würden die Bemühungen vergeblich sein, da die deutschen Politiker nicht die Fähigkeit besitzen, mit ihren Gesetzen und Beschlüssen die Finanzkrise an der Wurzel anzupacken. Löcher, in denen das Geld verschwindet, wurden nicht geschlossen, sondern mit Geld und Bürgschaften vollgeschüttet, in der Hoffnung, daß irgendwann der Geldabfluß aufhören würde. Das ist natürlich bei der Verkoppelung mit dem internationalen Finanzsystem mit seinen zahllosen Abflußventilen ein Ding der Unmöglichkeit. So setzt sich die Verschuldung fort und die Zinsbelastungen für Deutschland gehen ins Uferlose. 

 

Noch hat die Finanzmisere den Alltag der Bürger nicht voll erreicht, so daß sich viele der Illusion hingeben, der bittere Kelch könnte an ihnen vorüber gehen. Doch die Preise und Gebühren ziehen konstant an, besonders bei Gütern und Leistungen des täglichen Bedarfs. Von der anfänglichen Selbstsicherheit, alles mit getürkten Milliardensummen ins Lot zu bringen, ist nichts geblieben. Die „politische Elite“ wird immer kleinlauter. So entpuppt sich die Währungs- und Finanzkrise als Fallstrick der Regierung. Sie kann zwar den Druck der Zinsbelastung zunächst durch neue Kredite abfedern. Doch damit wird die Zins-Welle immer höher. Die zugegebene öffentliche Verschuldung liegt gegenwärtig (Mitte Mai 2011) bei 2 Bill. Euro. Gleichzeitig beträgt, laut Bund der Steuerzahler, die aufgelaufene Zinssumme 85 Mrd. Euro. Solange Deutschland in der EU ist und die Hauptlast der Verschuldung der EU-Länder trägt, ist jede Absicht, die Neuverschuldung herunterzufahren, eine leere Floskel. Hinzu kommt, daß durch die fortschreitende Zerrüttung der politischen und sozialen Verhältnisse der Finanzbedarf des Staates steigt. So stieg das Bruttoinlandsprodukt von 1996 bis 2010 um 1% , im gleichen Zeitraum stieg aber die Staatsverschuldung bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt von 59.8 auf 74,7 %. Die gesellschaftliche Effizienz sinkt also rapide ab. Diese Tatsache läßt sich auf die Dauer nicht überspielen. Je später hier Konsequenzen gezogen werden,  desto verheerender die Verluste. Besonders durch die Einführung des Euro ist Deutschland um 2,5 Billionen Euro ärmer geworden, so der ehemalige Thyssen-Chef Dieter  Spethmann.
Was läßt  sich nun unter diesen Bedingungen tun?
Erste Variante - weitermachen wie bisher.
Die Regierung hält an ihrem bisherigen Konzept fest, in der Hoffnung, daß sich die  Dinge irgendwie von selbst einrenken und daß es gelingt, die Bürger still zu halten. Aber weder für die eine, noch für die andere Hoffnung besteht ein berechtigter Grund. Neue prosperierende Wirtschaftsmächte nehmen Handlungsspielräume in Anspruch, so daß der Konkurrenzdruck größer wird. Und im Innern wächst die kritische Masse, bis es zur Entladung kommt. 
Zweite Variante - ausbessern. 
Wie kann man die EU und den Euro wenigstens teilweise reformieren, um die Talfahrt auf-zuhalten? Hierzu zählen Schritte, die Entscheidungen in der EU auf die wirtschaftlich starken Länder zu konzentrieren und gleichzeitig die Völker gegeneinander auszuspielen. Hierzu zählt auch der Vorschlag, den Euroraum in einen starken  nördlichen und einen schwachen südlichen Bereich zu teilen. Ein Verfechter dieser Auffassung ist H.O. Henkel, einst vehementer Anhänger der Einführung des Euro. Nun sieht er hier einen Ausweg,  um zu retten, was zu retten ist. Sein Vorschlag würde Europa unweigerlich spalten, es käme zum Rückfall in die Zeit des Kalten Krieges.
Dritte Variante - erneuern.
EU und Euro stießen von Anfang an auf starke Ablehnung. Der Tenor war, daß dadurch die national-kulturelle Differenziertheit und die Souveränität der Völker und Staaten Europas beseitigt wird, also genau das, wodurch Europa seine Einzigartigkeit erreicht hat. Die Einwände der Kritiker wurden nie ernsthaft geprüft. Sie gewannen jedoch im Laufe der Zeit an Gewißheit, denn EU und Euro können nicht korrigiert werden, weil sie Institutionen sind, die sich im Gegensatz zur technisch-gesellschaftlichen Bewegungsrichtung befinden. Der weltgeschichtlich anstehende Schritt über die Zivilisation hinaus führt eben nicht zu einer Vereinheitlichung, sondern zu einer weiteren Differenzierung, die selbst nicht nur in nationalen Grenzen verläuft. Das Nationale ist jedoch eine Rahmenbedingung des Fortschritts, weil es eine tief in den Völkern verwurzelte Ausdrucksweise ist. Insofern sind die Vorwürfe gegen das ungarische nationale Glaubensbekenntnis nicht nur geschichtlich unbegründet, sondern schaffen auch eine Konfliktsituation, weil sie vom Zweck diktiert sind, die nationale Selbstbestimmung der Ungarn zu verhindern. Die EU-Politiker können einfach nicht von ihren imperialen Ambitionen lassen und begreifen: Je eher und geräuschloser EU und Euro verschwinden, desto geringer sind die hinterlassenen Schäden, desto eher kann Europa seine weltgeschichtliche Verantwortung wahrnehmen.       

 

Es wird nicht freimütig über die EU und den Euro diskutiert. Die Regierenden unterdrücken die demokratische Meinungsbildung. Aber inoffiziell ist die Diskussion längst in Gang gekommen. Das merkt man daran, daß hin und wieder über die katastrophalen Folgen einer Auflösung der EU und der Wiedereinführung von nationalen Währungen orakelt wird. Danach scheint es so zu sein, als wäre der Euro der reinste Segen und die Deutsche Mark der größte Fluch für Deutschland. Euro-Kritiker wie der tschechische Präsident V. Klaus werden als einsame Spinner hingestellt. Erfolgreiche Parteien wie die “Wahren Finnen“, die bei den letzten Reichstagswahlen in Finnland einen furiosen Sieg errungen haben, werden als Stimme von geistig Minderbemittelten bezeichnet. Die EU-Kritik wird als Europa-feindlich diskreditiert, statt ein willkommener Anstoß für weiteres Denken zu sein. Das behindert die geistige Freiheit und viel Energie wird in die Verteidigung, anstatt in den systematischen gedanklichen Ausbau der Zukunft gesteckt. Praktisch bleibt der Widerstand schlecht organisiert und kann sich nicht zur Geltung bringen. Selbst die eloquenten akademischen Eurokritiker wagen es nicht, offen über die Alternative zu reflektieren. Sie sprechen mehr gegen die EU und den Euro und weniger über die Funktionsweise eines Europas freier Staaten und über die Triebkraft  einer zurückgeholten und verbesserten, weil umlaufgesicherten Deutschen Mark. Wer aber nicht die Alternative aufzeigt, der erzeugt beim Bürger Unsicherheit und  Unentschlossenheit, der nährt die Bedenken vor dem ersten Schritt nach vorn. 

Wer das Ganze als Ganzes retten will, der will das Alte erhalten. Der hält an dem Gerüst fest und  seine Position wird immer aussichtsloser. Das Ganze muß zerlegt werden und zwar in seine Teile, aus denen es besteht. Dadurch wird die Situation übersichtlich und beherrschbar, denn die Zahl der Einflußfaktoren verringert sich. Bezogen auf die gegenwärtige EU-Krise heißt das, die Grenzen eines Sanierungsgebietes müssen sich mit den nationalen Grenzen decken. Innerhalb dieser müssen  Regelungen getroffen werden, die jedes wildernde übernationale Finanzgetriebe ausschließen. 

 

Nationales Geld gibt der Gemeinschaft Sicherheit. Das eigene Geld in den Händen würde das  Gemeinschaftsgefühl der Deutschen stärken, denn Geld ist mehr als Zahlungsmittel. Es ist gesellschaftliches Bindemittel. Wo Vertrauen in die Gemeinschaft ist, da ist auch der Mut zur Neuerung groß. Geld zerstört nicht Gemeinschaften, ist nicht Inbegriff von Geiz und Raffgier. Geld tötet auch nicht die Freude am Schöpferischen. Geldbesitz festigt das Selbstbewußtsein und nimmt die Furcht vor dem Risiko. Für die Deutschen wäre die eigene DM ein großer Lichtblick, denn sie können sich mit dem Euro nicht identifizieren. Sie messen ihn beständig an der DM. Das wissen auch die Gegner der Nationalidee, weshalb sie schwerwiegende ökonomische und politische Argumente ins Feld führen.

 

Würde die Rückkehr zur DM der deutschen Exportwirtschaft schaden, weil der Wechselkurs der DM steigen würde? Welch ein Schreckgespenst! Wenn man die eigene Währung abwertet, verkaufen sich die eigenen Produkte auf dem Weltmarkt leichter. Aber zugleich kauft man teuerer ein. Nimmt man eine ausgeglichene Außenhandelsbilanz zur Grundlage - und sie ist der Normalfall einer Volkswirtschaft -, dann heben sich die Vor- und Nachteile auf. Exportweltmeister zu sein, darf nicht ein erstrebenswertes Ziel sein. Ein Exportüberschuß weist darauf hin, daß Güter und Leistungen dem eigenen Land entzogen sind. Auch schwache Länder werden nicht dadurch reicher, indem sie ihre Währungen abwerten, sondern sie vertuschen nur die reale Situation damit.  

 

Würde eine starke DM den europäischen Frieden stören? Würden die Ungleichgewichte in den Währungen, die infolge unterschiedlicher Leistungskraft unvermeidlich sind, zu politischen Spannungen führen? Das könnte nur der Fall sein, wenn Handel zur politischen Waffe wird. Eine starke DM ruft keinen Schaden bei anderen europäischen Staaten hervor. Insofern Geld als Tauschmittel und nicht als Herrschaftsmittel verwendet wird, geht von ihm keine Gefahr aus. Und damit das so funktioniert, muß die Demokratie im Lande von unten nach oben organisiert sein.

 

Wenn ein Land seine Handelsgüter wenig veredelt verkauft, also nicht Leistungskraft anbietet, dann ist es eben wenig wertbildend. Das Leistungsdefizit wird aber durch die Abwertung der Währung nicht beseitigt, sondern nur verdeckt. Der Grund läge also nicht in der starken DM und der Leistungskraft Deutschlands. In der Wertigkeit der Währungen drückt sich der Anteil eines Landes  an der globalen Leistungskraft aus. Insofern ist der Währungsvergleich ein Mittel der Leistungsanalyse, ein Mittel, welches bei einer Gemeinschaftswährung vergeben wird. 

 

Die hohe Verschuldung der EU-Länder stört den gleichgewichtigen Ware-Geld-Kreislauf. Einerseits droht die inflationistische Gefahr der von den Produzenten ausgehenden Preiserhöhungen, andererseits der Verlust an Kaufkraft bei den Konsumenten, die deflationäre Gefahr. Die hohe Verschuldung belastet Produktion und Konsumtion. Man muß hervorheben, daß es sich bei dessen Schulden um von der Politik verursachte Schulden handelt, die nun auf Realwirtschaft und Bürger abgewälzt werden. Das sofortige Schuldenmoratorium ist daher die dringendste Zukunftssicherung. Doch hier drohen die Banken mit einer Kernschmelze des internationalen Finanzsystems, mit einem grenzenlosen Finanzchaos.

 

Die Politiker tragen die Hauptschuld, doch die Banken tragen ebenfalls Schuld, denn sie haben gewissenlos der Politik Kredite zur Verfügung gestellt. Im Zusammenspiel von Banken und Politik wurden die Völker verschuldet und versklavt, müssen sie heute einen steigenden Zinstribut zahlen.
Mit dem Schuldenmoratorium wird dieses Spiel durchbrochen. Die Abschaffung dieses Systems, hätte mit Notwendigkeit die Einrichtung nationaler Finanzinstitutionen zur Folge. Sie müßten nun eine neue Steuerfunktion einrichten, nicht die alte übernehmen. Von einer verheerenden Kernschmelze kann also keine Rede sein.  

 

Indem das nationale Finanzsystem unter demokratischer Kontrolle arbeitet, erhält die Geldwirtschaft eine neue Richtung, der reale Ausstieg aus der Herrschaftsgesellschaft, hin zu einem neuen Typus von Volkssouveränität, der nationalen Selbstverwaltung. Erstmalig in der Geschichte der Menschheit erfolgt die bewußte Ablösung einer Formation durch die andere. Diesen weiten Blick hat die deutsche Opposition noch nicht. Sie ist unsicher und bedeutunglos, eben weil ihr die Perspektive fehlt. Sie hat zu keiner Zeit den Regierenden ernsthaft Paroli geboten.

 

Die "Wahren Finnen" haben bei den letzten Reichstagswahlen in Finnland 19% erreicht, mit einer prononcierten Kritik an der EU, dem Euro und dem Geldtransfer innerhalb der EU. Der Kern ihrer Forderungen war, das Finanzsystem in der EU zu blockieren und Finnland aus dem internationalen Finanzsystem herauszulösen. Die „Wahren Finnen“ packten also das Problem am Schopfe. Wenn vor allem und permanent das internationale Finanzsystem die Völker bedroht, dann muß die demokratische Opposition sich hierauf konzentrieren. Das ist ein anderer Weg von Opposition. Und hier sind die Finnen uns Deutschen voraus.

 

                                                                                                        J. Hertrampf (07.05.2011)

 

 

 

Johannes Hertrampf ist Doktor der Ökonomischen Wissenschaften i.R. und Bundesvorsitzender der bürgerlich-linksnationalen Freiheitlichen Partei Deutschlands (FP Deutschlands).