Das, was sich gegenwärtig in der BRD abspielt, wird ein Nachspiel haben. Die Kritik wird die politischen Entscheidungen anhand der grundgesetzlichen Auftrags der Bundesregierung bewerten müssen. Sie wird weiterhin ins Kalkül ziehen die millionenfachen Warnungen und Widersprüche aus dem Volk, das den Bruch des Grundgesetzes nach Geist und Buchstaben durch die Exekutive von Anfang an nicht hingenommen hat. Man kann schon heute eine weitreichende Schlußfolgerung ziehen: Das Handeln von Frau Merkel hat bestätigt, daß ein Verlassen der demokratischen Maximen unweigerlich in deutsch- und europafeindliche Politikfelder führt.
Die Flüchtlingskrise ist nach dem Zweiten Weltkrieg für die Deutschen die schwerste Prüfung, inwieweit ihr Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie bei ihnen fest verwurzelt ist. Dieser Beweis wurde erbracht: Die Deutschen haben mehrheitlich und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die freiheitliche Demokratie die Ordnung ist, zu der sie sich ein- für allemal bekennen. Sie haben aus der Geschichte gelernt, daß die Volkssouveränität nicht einfach ein selbstverständliches Recht ist, sondern in zähen und bisweilen harten Auseinandersetzungen durchgesetzt werden muss. Sie existiert nicht irgendwo abstrakt, sondern immer in dem Maße, wie sie durchgesetzt wird. Es ist das Recht des Volkes, seine Existenz nach seinen Interessen zu gestalten und die geltenden Spielregeln festzulegen. Die Formen und Inhalte der Volkssouveränität ändern sich also. Die jüngste politische Entwicklung zeigt, daß trotz Grundgesetz viele Politiker den Willen des Volkes mißach-ten und ihm vorschreiben, was es tun und denken darf und was nicht. Sie entmündigen den Bürger, obwohl sie auf das Grundgesetz geschworen haben. Es ist eine tiefe Verachtung der Volkssouverä-nität, wenn die Politiker nicht zuhören, was die Bürger sagen und diese dann, wenn sie einen Ton schärfer werden, als „Pack“ und „Mob“ bezeichnen.
Auffallend ist, daß angesichts der massenhaften illegalen Einwanderung der Deutsche Bundestag als höchste Volksvertretung sich in Schweigen hüllt, anstatt die sich mit Wintereinbruch entstehende explosive Situation zu erörtern, Ursachen und Auslöser zu benennen und dringliche Maßnahmen zu beschließen.(siehe hierzu: E. Fuchs: Wozu haben wir ein Parlament und Bundestagsabgeordnete? vom 16.10.2015) Ebenso hüllte sich der Bundesrat in Schweigen. Die Landesregierungen haben zwar Probleme signalisiert und mehr Geld vom Bund gefordert, haben aber, mit Ausnahme Bayerns, keine offene Kritik an der Bundesregierung geübt. Sie hätten, entsprechend Artikel 53 des Grundgesetzes, über den Bundesrat die Möglichkeit gehabt, sich von der Bundesregierung über deren Vorgehensweise informieren zu lassen und der Willkür der Bundeskanzlerin Schranken zu setzen. So aber haben sie die Ländervertretung nicht genutzt. Der Sinn des föderalistischen Prinzips besteht aber gerade darin, die territorialen Bedingungen und Folgen bei bundespolitischen Ent-scheidungen gebührend zu berücksichtigen. Der Bundesrat, eben weil er über seine Mitglieder in direkten Beziehungen zu den Bundesländern steht und die unmittelbaren Verantwortungsträger der Bundesländer in sich vereint, darf angesichts der Staatskrise nicht schweigen. Die Passivität der Landesregierungen und des Bundesrates steht im Widerspruch zu dem im Grundgesetz verankerten föderalistischen Staatsprinzip.
Es ist unbestreitbar, die Flüchtlingskrise wurde durch Frau Merkel ausgelöst und dann wurde wie in einem zentralistischen Staat, ohne mit der Wimper zu zucken, von oben nach unten durchregiert. Mit der Aufteilung der Flüchtlinge auf die Länder griff die Bundesregierung in die politische Kompetenz und finanzielle Substanz der Länder ein. Die Landesregierungen haben sich dieser Eigenmächtigkeit von Frau Merkel unterworfen. Sie haben ihr Mitspracherecht nicht wahrgenom-men. Der Bundesrat ist eben nicht bloß eine demokratische Formalie, sondern trägt eine spezifische eigene Verantwortung für das Gesamtgeschehen im Lande.
Wir kommen also zu der höchst bedenklichen Feststellung: das politische System der freiheitlich-demokratischen Ordnung in der BRD hat sich als nicht funktionsfähig erwiesen. Es wurde von der Bundesregierung ignoriert. Die Demokratie wurde von jenen Volksteilen verteidigt, die sich unter Berufung auf das Grundgesetz als Souverän verstanden. Wenn nicht diese Stimme des Volkes gewesen wäre, dann hätte es überhaupt keinen Riegel gegeben Die Kontroll- und Korrekturmecha-nismen haben versagt, nicht weil sie nicht da waren, sondern weil sie von den Parteien kurzerhand abgeschaltet wurden. Durch die hysterische Stimmungsmache in den Medien, durch falsche Berichterstattung und staatlich geförderte Diskriminierung der demokratischen Opposition wurde die sachliche Problemdiskussion unterbunden. Und die Hexenjagd geht noch weiter.
Das Versagen des Staates ist nicht allein auf die Bundeskanzlerin zurückzuführen, sondern auch auf das Fehlverhalten der Bundestagsparteien. Keine dieser Parteien hat der heraufziehenden Gefahr gegengesteuert. Das, was der Bürger sooft empfindet, bestätigt sich erneut - das politische Geschäft ist ein Parteienkomplott. Zwischen der Bundeskanzlerin und den Bundestagsparteien gibt es eine abgesprochene Richtung und eine vereinbarte Sprachregelung, wobei das linksgrüne Kartell sich besonders aggressiv gebärdet. Sie bedienen sich solcher Kampfbegriffe wie Neonazi, Faschisten, rechter Pöbel, Ausländerfeinde, schwafeln von wirtschaftlichen Vorteilen und Barmherzigkeit und stellen sich nicht vor, was hier bevorsteht, wenn eines Tages die verführten und betrogenen Flüchtlinge den Betrug durchschauen.
Neben ihrer staatlichen Funktion übt Frau Merkel auch als Bundesvorsitzende der CDU einen hohen politischen Einfluß aus. Diese Partei hat nicht nur die meisten Mitglieder, sie ist auch die wichtigste staatstragende Partei der BRD. Durch die Doppelfunktion hat Frau Merkel eine solche Machtfülle erreicht, daß sie in diktatorischer Dünkelhaftigkeit ihre eigenen Ansichten zum aus-schlaggebenden Kriterium ihrer Entscheidungen machen kann. In ihrem Egozentrismus wird sie durch die Medien bestärkt, die sie zu einer überlegenen Europa-Politikerin stilisieren, ohne daß sie je widersprochen hätte. Führerkult hat nichts mit Demokratie zu tun, er duldet keine Opposition, sondern will die Bestätigung durch Mitläufer. Anstelle des Denkens tritt das Klischee. Das Beson-dere besteht dann darin, daß Behauptungen in dem Maße verabsolutiert werden, wie sie mit der Wirklichkeit kollidieren. Das Festhalten an offensichtlich falschen Entscheidungen ist sympto-matisch für sie, ist ein ausgeprägter Zug ihrer Führungsschwäche.
Es ist schon erstaunlich, wie sich die CDU von Frau Merkel um den Finger wickeln läß. Das deutet auf ein niedriges intellektuelles Niveau hin. Die parteiinterne konservative Kritik brodelt zwar seit Jahren in der CDU, aber das, was sie als Linkstrend bezeichnet, kann sie nicht stoppen, weil sie vor einer Ablehnung der Globalisierung zurückschreckt. Sie scheitert an der eigenen Inkonsequenz. So gibt es also keinen erfolgversprechende Gegenentwurf. Trotz der wohlwollenden Berichterstattung zur Regierungspolitik hält der Abwärtstrend bei Meinungsumfragen unvermindert an. Untergangs-stimmung zieht herauf. Frau Merkel hat sich mit ihrer Starrheit selbst in die Zwickmühle manöv-riert: ändert sie den Kurs, hat sie verloren, ändert sie nicht den Kurs, wird sie verlieren. Noch folgt die Mehrheit der CDU-Mitglieder ihrer Vorsitzenden - in der Hoffnung auf ein Wunder. Der Anspruch, größte demokratische Volkspartei zu sein, ist aber nun endgültig dahin. Sicherlich, ein solcher Anspruch war stets vermessen, aber er wurde von weiten Teilen der Bevölkerung akzeptiert. Doch irgendwann entsteht nur noch Leerlauf. Das ist dann der Scheitelpunkt der Staatskrise.
Das Parteiensystem hat die Staatskrise heraufbeschworen und hat sich damit selbst ad absurdum geführt. Oder so herum: die freiheitlich-demokratische Ordnung duldet keinen staatstragenden Parteienbetrieb, denn ein solcher geht immer zu Lasten der freien Bürgermeinung. Parteien machen dem Volk die Souveränität streitig.
Keine der Bundestagsparteien hat sich durch demokratische Initiative hervorgetan, hat den Konflikt zwischen Regierung und Volk auf die Tagesordnung gesetzt. Alle haben Federn gelassen. Mehr noch. Sie alle laufen Sturm gegen den freien Bürger. Wer die protestierenden Bürger als „Pack“ und „Mob“ beschimpft, wer dem selbstbewußten Bürger über den Mund fährt, der ist ein Hindernis für die freiheitlich-demokratische Ordnung. Es reicht nicht mehr der Vorsatz aus, sie bei den nächsten Wahlen zu bestrafen. Vielmehr steht ihre generelle Existenzberechtigung zur Disposition.
Noch ein Wort zur EU. Die Flüchtlingskrise hat offengelegt, daß Brüssel es nicht geschafft hat, die durch die Finanzkrise bedingte Auflösung einzudämmen. Vor allem gelingt es nicht, die osteuro-päischen Länder auf Linie zu bringen. Mit Geld zu ködern, funktioniert nicht mehr. Die Staaten erkennen, daß die EU ihnen nicht die versprochenen Vorteile bringt, sondern gnadenlose Abhängigkeiten schafft. Jene Staaten fahren deshalb am besten, die nicht auf Brüssel warten, sondern selbst entscheiden und sich dabei auf die Zustimmung ihrer Völker stützen. Letztlich zählt die Unterstützung im eigenen Land und nicht das Wohlwollen in Brüssel. Der Verlust der Souverä-nität entfremdet die Regierungen von ihren Völkern. Die Verteidigung der nationalen Souveränität stabilisiert dagegen die innenpolitischen Verhältnisse.
Allmählich dreht sich der Wind in Europa. Die Politik der nationalen Verantwortung bekommt Auftrieb, besonders im Osten. Diese freiheitliche Ausrichtung ist die eigentliche Absage an die Vasallenpolitik, nicht die Übernahme westlicher Werte und Ziele nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems. Die Erlangung der nationalen Selbständigkeit war ein gemeinsames Motiv der Befreiung aus dem Ostblock. Selbst ein Land wie Polen, das erhebliche Vorteile aus der EU gezogen hat und sich unter dem amerikanischen Schirm gern eine privilegierte Stellung versprach, ist nicht der willige EU-Partner, den sich die Brüsseler Riege wünscht. Nach dem Wahlsieg der National-Konservativen wird sich dieser autonome Zug noch verstärken. Offensichtlich ist den Staaten die russische national-ausgerichtete Politik sympathischer als sie es zugeben. Staatspolitik, die das nationale Interesse dominiert, macht Schule in Europa, schafft nicht Konflikte, sondern führt zusammen. Gemessen an diesem Umdenken bleibt die BRD zurück. Sie unterwirft sich nach wie vor dem alten Ritual der Verbeugung vor dem überseeischen Gebieter. Das ist einer der Gründe, weshalb die Bundesregierung trotz der wirtschaftlichen Stärke des Landes bei den europäischen Völkern kein gutes Ansehen hat. Deutschland ist in der Nachkriegsordnung stehen geblieben.
Das Bild, das nach dem Zweiten Weltkrieg vom Zwanzigsten Jahrhundert entworfen wurde, entsprach den beiden Hauptsiegermächten. Ein Dritter Weg war nicht vorgesehen. Es galt die Regel: meine - deine. Die Suche nach dem Dritten Weg stieß daher auf ihren Widerstand. Darüber hinaus konnte diese Suche nicht erfolgreich sein, insofern sie auf eine Vermittlung der großen Blöcke hinauslief und damit innerhalb der Zivilisation verblieb.
Und wie erging es Deutschland? Deutschland hatte den Ersten Weltkrieg verloren. Der Verlierer war der Schuldige. Es war von nun an der deutsche aggressive Geist, vor dem die Welt bewahrt werden mußte. Diese Geschichtsdeutung folgte den Interessen der beiden aufstrebenden Weltmächte. Sie waren sich im klaren darüber, daß der Kontrolle über Deutschland eine Schlüsselrolle in ihrem Drang zur Weltherrschaft zukam. So stand Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg zwischen den Fronten der beiden rivalisierenden Mächte. Diese Stellung und der entwürdigende Zwangsvertrag von Versaille übten maßgeblichen Einfluß auf den weiteren Verlauf in Deutschland aus. Es ist bedauerlich, festzustellen, daß die zahlreichen positiven Ansätze in Deutschland, die in Richtung gesellschaftlicher Erneuerung wiesen, nicht aufgegriffen und verfolgt wurden, sondern durch die sich zuspitzenden politischen Konflikte ins Abseits gerieten. Die Weimarer Republik mit ihrer Verfassung war solch ein hoffnungsvoller Ansatz auf Grundlage des deutschen und des europäischen humanistischen Erbes. Aber insgesamt war der geistige Vorlauf zu schwach, um sich im rauen politischen Alltag durchzusetzen. Am Ende siegte nicht die Demokratie, sondern die Diktatur, nicht unbeeinflußt vom Spannungsfeld zwischen den beiden aufstrebenden Weltmächten, von denen jede den Anspruch auf alleinige Legitimität erhob. Das national-sozialistische Regime bestätigte faktisch durch seine innen- und außenpolitischen Verbrechen diesen Legitimitätsan-spruch. Damit war das Geschichtsbild des Zwanzigsten Jahrhunderts abgesteckt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland endgültig zur Quelle allen Übels im Zwanzigsten Jahrhundert erklärt. Das ist nach wie vor das geistige Fundament deutscher Nachkriegspolitik.
Dieses vernichtende Urteil hat die Deutschen schwer belastet und belastet sie weiterhin schwer. Sie haben diesen Vorwurf zu keiner Zeit auf die leichte Schulter genommen. Sie haben keines der Argumente einfach vom Tisch gewischt. Deutsche Geschichte wurde hundert- und tausendfach in allen deutschen Familien und quer durch alle Bindungen diskutiert, mit zwei großen Resultaten: das deutsche Selbstbewußtsein ist nicht erloschen und das deutsche Selbstbewußtsein meidet den Überschwang in eine irrationale Dimension. Es ist noch auf dem Weg, sein historisch selbstver-ständliches, ausgeglichenes Maß zu finden, als unerläßliche Bedingung völkischen Subjektseins.
In dieser nationalen Renaissance befinden wir uns. Sie ist eine große geistige Sammlungsbe-wegung. Damit sie gelingt, müssen wir behutsam miteinander umgehen, viel Mut zur Wahrheit aufbringen und dürfen uns nicht provozieren und irritieren. Es steht viel zu viel auf dem Spiel.
Johannes Hertrampf – 05.11.2015