Den Euro gesund sparen

Die Medien können das Steuer nicht mehr herumreißen - der Euro ist gescheitert.

 

Das wurde oft genug vorausgesagt. Wenn der amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman feststellt, daß die „die Unweisheit der Eliten“ am Niedergang des Euro schuld sei, dann beweist das nur ein weiteres Mal die Unfähigkiet der Ökonomen, die wirklichen Zusammenhänge aufzudecken. Der Ausweg kann nicht darin bestehen, lediglich „Elite-Politiker“ auszutauschen, sondern Einschnitte im Finanzsystem vorzunehmen. Genau das will und darf die „Elite“ nicht, sonst würde sie ausgewechselt. So verklärt sie den Euro und sagt einen europäischen Zusammenbruch voraus, wenn er verschwinden würde. Sie suggeriert den Bürgern, daß ihnen ein Rückfall in die Zeit des Dreßigjährigen Krieges bevorsteht. Dieses düstere Zukunftsbild, das selbst von Kritikern der Regierungspolitik gezeichnet wird, bereitet den Bürger auf eine angeblich unabwendbare Konse-quenz vor. Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit? - Die demokratische Alternative sieht das anders und schlägt einen Weg vor, der nicht im Chaos endet. Sie will nicht den Volk und Realwirt-schaft zerstörenden Zusammenbruch, sondern die geordnete Abwicklung des alten Finanzsystems. Sie fordert ein Schuldenmoratorium mit sofortigem Zinsstop und anschließender Schuldenstrei-chung und Schaffung einer parlamentarisch kontrollierten Nationalbank, die das gesamte Finanz-geschehen steuert und kontrolliert. Eine unbedingte Prämisse ist dabei, daß die Finanzwirtschaft nicht mehr privatwirtschaftlich betrieben wird, sondern als gesellschaftliche Einrichtung unter öffentliche Kontrolle und Entscheidung gestellt wird. Das ist etwas anderes als die mitunter geforderte Verstaatlichung. Das ist eine Form von National- oder Volkseigentum, das unmittelbar dem Parlament untersteht. Es gibt also den Weg „weiter so wie bisher“, der zum Zusammenbruch führt. Und es gbt den Weg eines grundsätzlichen Umbaus. Zwei Wege, zwei Positionen, in denen sich Vergangenheit und Zukunft gegenüber stehen.

 

 

 

Allein von der Erneuerung würden die Bürger als Konsumenten und die Realwirtschaft als Produzenten von Gütern und Leistungen Nutzen ziehen, denn es wäre zwischen Produktion und Konsumtion kein Platz mehr für das parasitäre Finanzkapital. Die Welt würde ein anderes Aussehen erhalten, weil sie nicht mehr unter dem Diktat privater Finanzinteressen leben müßte. Sie brauchte diesem Finanzsystem keinen Tribut mehr zu zahlen und ihre Bewegung würde nicht mehr durch diese Finanzinteressen gesteuert werden. Das hätte eine Umwälzung der menschlichen Lebens-weise zur Folge. Die Vorgeschichte wäre zu Ende. Es könnte eine Ära beginnen mit einem neuen Lebenssinn - dem göttlichen Auftrag des Menschen in der Natur.

 

 

 

Zwei Gründe machen die Ablösung des bisherigen Finanzsystems erforderlich. Das Weltfinanz-system hat sich in den letzetn 30 Jahren verselbständigt. So sind die Aktienwerte in diesem Zeit-raum zehnmal schneller gestiegen als die reale Weltwirtschaft zugenommen hat (vgl.H. Creutz, Das Geldsyndrom). Das führte dazu, daß sich auch seine Rolle grundlegend gewandelt hat. Es folgt nicht mehr den wirtschaftlichen und politischen Vorhaben, sondern es setzt selbst die Zwecke. Hat das Geld bisher die Aktionen finanziert, war es auf ihre Finanzierung fixiert, so initiiert es jetzt diese. Die Börse ist zum Dreh- und Angelpunkt der Profitgier geworden. An ihr macht man Profit nicht durch Herstellung von Gebrauschwerten, sondern durch Geldmanipulation. Damit hat sich das Geld verselbständigt und führt über der Realwirtschaft ein Eigenleben. Aber die Börse wird selbt gesteuert, durch Institutionen, die den Profitstrom voraussagen - die Rating-Agenturen. Deren Bewertungen entscheiden über Leben und Tod eines Unternehmens und vor allem von Staaten.

 

 

 

Rating-Agenturen sind private gewinnorientierte Bewertungsunternehmen, die mit ihren Einschätzungen von Unternehmen und Staaten die Kreditwürdigkeit beurteilen und damit auch die Zinshöhe empfehlen. Bei schlechten Bonitäten wird für das Unternehmen oder den Staat nicht nur die Kreditbeschaffung schwieriger, sondern es werden auch höhere Zinsen wegen des zu erwarten-den Risikos vorgesehen. Besonders wenn es um Staaten geht, hat das kolossale Auswirkungen. Man muß sich überlegen, private Bewertungsunternehmen entscheiden über das Schicksal von Millionen Menschen, von ganzen Völkern und nicht die Völker selbst. Diese Rating-Agenturen sind so unabhängig wie jedes private Unternehmen. Es wird schon lange kritisiert, daß sie unter dem Einfluß der führenden westlichen Staaten und großer Banken stehen. Wie wäre es anders zu erkären, daß die USA noch immer die höchste Bonität - AAA - haben. Nie hat der Satz „Geld regiert die Welt“ einen direkteren Ausdruck gehabt als heute. Über Kredit und Zins steuert das Finanzsystem grundlegende politische und gesellschaftliche Erscheinungen in der Welt.

 

 

 

Die Ideologie des internationalen Finanzsystems ist die Globalisierung mit all ihren wirtschaft-lichen und sozialen Aussagen. Es schwebt wie ein spiritus rector über den materiellen und geistigen Strömen unserer Zeit, es heizt Kriege und Konflikte an, um seinen Profit zu sichern. Es arbeitet nicht, es steuert und belohnt die Manager und Banker jeder gängigen Moral hohnsprechend mit hohen Boni für die Organisation von profitbringenden Zusammenbrüchen und Katastrophen.

 

 

 

Die zweite objektive Veränderung ist die Technik, hier im besonderen die Informations- und Kommunikationstechnik. Der Aktionsraum des Menschen hat sich in den letzten 20-30 Jahren sprunghaft vergößert. Besonders Internet und Mobilfunk schufen neue weltweite Informations-systeme. Alle traditionellen Begrenzungen wurden geradezu geschliffen. Raum- und Zeit-Dimensionen werden als Hindernisse immer kleiner. Der Mensch kann sich die ganze Welt in seine Wohnung holen und er kann sich ebenso einfach an jeden Punkt der Welt versetzen. Das hat erkenntnismäßige und emotionale Folgen. Die Fülle der Informtionen wächst und die Selektion wird zunehmend schwieriger. Es fehlt an verläßlichem Instrumentarium. Das Erlebnis der Welt wird ein anderes. Theoretisch könnte jeder Mensch mit jedem Menschen kommunizieren. Das ist neu. Die Menschheit wird erstmals wirklich zu einem Subjekt. Innerhalb kürzester Zeit setzen sich auf der Welt Erkenntnisse durch und bildet sich kurzfristig eine Weltmeinung. Aber die Technik versetzt nicht nur den Menschen in eine neue Sozialität, sie ändert auch sein Verhältnis zu seiner natürlichen Umwelt. Der Mensch greift in die Zusammenhänge der Natur ein, mit Folgewirkungen, die weit über seinen Zweck hinausschießen. Das erschwert die Erkenntnis von Kausalketten. Das Folgewir-kungsspektrum wird in dem Maße größer, wie er sich der Wissenschaften bedient, da der Wirkungs-bereich der Gesetze nicht auf den Gegenstand seiner Tätigkeit begrenzt ist. Damit werden ferne unkonrollierte Wechselwirkungen auslöst. Die unmittelbare Nutzeffektswirkung nimmt dabei einen Bruchteil ein.

 

 

 

Der Mensch ahnt, daß er an einer Schwelle steht. Das, was er bisher als Zukunft ansah, bestätigte sich nicht und hinterließ Enttäuschung und Unsicherheit. Und so wird die Zukunft für ihn nicht klarer, sondern bedrohlicher. Die negatven Erfahrungen machen ihn skeptisch gegenüber allen sozialen Neuerungen. Damit entsteht eine große Spannung in der Gesellschaft. Der Zwang zur Änderung wächst, aber er weiss nicht, wohin er sich wenden soll.

 

 

 

Neue Lebensformen mit neuen Inhalten stehen auf der Tagesordnung, als Voraussetzung, die neuen technischen Möglichkeiten überhaupt zu nutzen und umgekehrt auch und die Wirkungen der  technischen Entwicklung überschaubar zu machen. Er muß seine Grundorientierung überdenken. Erstmalig hat der Mensch die Möglichkeit, seine Interessen mit den Interessen der gesamten belebten Welt harmonisch umzusetzen, Verantwortung für sich und die gesamte belebte Natur zu übernehmen. Diese Harmonie ist eine Vernetzung des Menschen mit Tier und Pflanze, kein Nutzungsverhältnis wie bisher, sondern eine allseig ausgerichtete Kooperation. Das ist der größte Wandel seines bisherigen Daseins. Das ist der Zugang zu seinem Zweck im System der Natur, dem er sich nun nach seiner Vorgeschichte zuwenden muß. Das ist seine einzige Möglichkeit zu überleben.

 

 

 

Und was empfiehlt Finanzminister Schäuble? Wir sollen sparen, um aus der Krise herauszukom-men. Er fragt gar nicht nach der Grenze des Systems, sondern setzt es absolut. Sparen heißt hier, die alten Zustände aufrecht zu erhalten, das Geld dem internationalen Finanzsystem in den Rachen zu werfen, damit sich das Herrschaftssystem finanzieren kann. Und nicht nur das. Sparen heißt, die Zukunft zu verbauen, die Lage zu verschlimmern, denn die Ursachen der Krise wirken fort und führen zu immer drastischeren Wirkungen.

 

 

 

Wie soll der Wandel in die Zukunft vonstatten gehen? Soll der Staat den Menschen leiten? Woher soll er die Erkenntnis nehmen vom Machbaren auf dem Zukunftsweg? Wenn das Herrschaftsprinzip nicht mehr gilt, dann fällt auch der Staat im bsherigen Muster als Willensvollstrecker der herrschenden Interessen weg. Er gibt Funktionen an neue volkssouveräne Institutionen ab, wie wir das in bezug auf das Finanzsystem gesagt hatten. Damit entfällt auch der konfliktbeladene Geschichtsverlauf, denn Konflikte entstanden immer dann, wenn sich herausstellte, daß die eingeschlagene Richtung mit den Interessen des Volkes kollidierte. Der Staat war das Mittel, mit dem dieser Verlauf durchgesetzt wurde und geriet dabei stets in eine politische Krise mit einem gewaltsamen Ausgang. Der Staat war unvermeidlich, aber eben in dieser Widerprüchlichkeit. Wir stehen heute an dem Punkt, wo dieses Schema abgelegt werden muß, weil das unmittelbare Herrschaftsinteresse nicht mehr zeitgemäß ist. Andererseits liegt es außerhalb des menschlichen Vermögens, den Zukunftsweg wie eine Vorschrift vorauszusehen. Folglich müssen in jeder konkreten Situation die Beteiligten daüber beraten, was als Nächstes getan werden muß. - Das Herrschaftsprinzip wird abgelöst durch eine Organisation der Selbstverwaltung auf allen Ebenen, deren Zweck es ist, ein Höchstmaß an Harmonie von Mensch, Natur und Pflanze herzustellen. Es gibt keine Regierungen mehr, die ermächtigt sind, die Menschen zu führen. Es gibt nur noch den vom Souverän beauftragten Verwalter.

 

 

 

Diese Alternative wäre nicht nur eine Erleichterung für die Bürger, insofern die Entmündigung wegfällt. Niemand kannn den Anspruch erheben, anderen zu sagen, wie die Lösungen aussehen, weder eine Partei, noch eine einzelne Person. Die neue Form von Volkssouveränität kennt keine Führerschaft mehr, weder eine erzwungene, noch eine vom Geführten freiwillig anerkannte. Letztere ist sogar noch verwerflicher als die erzwungene, weil das Individuum sich selbst die Unterordnung auferlegt und sich selbst kontrolliert. Damit ist die Fehlentwicklung bei ihr viel symptomatischer. Es fehlt der Widerspruch gegen den Zwang und damit jeder Anlaß zur Korrektur. An die Stelle von Führerschaft tritt die gemeinschaftlche Beratung, in deren Folge die von allen für richtig erkannte Verhaltensweise tritt, also nicht ein Mehrheitsbeschluß, sondern die allgemeine Zustimmung.

 

 

 

Mit dem Wegfall des internationalen Finanzsystems entfällt ein wichtiger, zentraler Steuermecha-nismus, in dessen Mittelpunkt das Privatinteresse Einzelner stand. An seine Stelle muß ein anderer treten - eine Regelungsform der neuenVolkssouveränität.

 

 

 

Die Kritik darf sich nicht in erster Linie auf dieses oder jenes Instrument richten. So wissen wir heute, daß die Auffassung, das Geld sei schuld an den Mißständen, in den Bereich der geistigen  Maschinenstürmerei gehört. Ähnlich verhält es sich mit der Ablehnung dess Zinses. Der privatinter-essengesteuerte Zins darf nicht zu der Schlußfolgerung führen, den Zins generell zu verwerfen, sondern dieser ist nach dem neuen bestimmnenden Gesamtinteresse zu modifiziern und so für absehbare Zeit weiter zu verwenden. Das entspricht einer reformerischen Vorgehensweise.

 

 

 

Die heutige politische Führung ist rein auf Selbsterhaltung ausgerichtet und insofern reaktionär. Welche Auffassung sie auch vertritt, bei näherer Betrachtung wird der Pferdefuß sichtbar. Sie klammert sich an den Euro. Dieter Spethmann, der frühere Vorstandsvorsitzende der Thyssen AG, brachte es auf den Punkt: „Der Euro ist tot. Er ist eine Zwangsjacke Er ist keine der Realwirtschaft dienende Währung, sondern ein Herrschaftsinstrument.“ Er ist die europäische Inkarnation des Weltfinanzsystems. Ihn beizubehalten wäre genauso falsch, wie den Schuldenberg anzuerkennen. Den Euro beizubehalten und die Schulden durch Sparen zurückzahlen, das sind zwei Seiten einer Medaille. Deshalb sehen die politischen Führer den Ausweg aus der Krise im rigorosen Sparen, also in der Beschneidung des Konsums.

 

 

 

J. Hertrampf (14.05.011)