Kritik der Politik der Bundesrepublik Deutschland


Politische Aufsätze und Essays des Philosophen und  Wirtschaftswissenschaftlers Johannes Hertrampf


Kurzbeiträge

Endlich ist es soweit

Der amerikanische P räsident, D. Trump, macht seine Ankündigung  wahr: die USA  werden einen Teil ihrer Truppen aus Deutschland abziehen. Das wird von der Mehrheit der Deutschen grundsätzlich begrüßt, weil damit die Sicherheit Deutschlands erhöht und die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA in Richtung Normalisierung gefestigt werden. Bundesregierung und Bundestag sollten der amerikanischen Regierung umgehend ihre Anerkennung und ihre Dankbarkeit aussprechen. Dieser Schritt der amerikanischen Regierung ist weiterhin deshalb zu begrüßen, weil in Deutschland und in den USA die Koronakrise wütet und beide Staaten ihr wissenschaftliches und technisches Potential verstärkt für die Abwehr der Krise einsetzen können.

Bundestag und Bundesregierung sollten dem amerikanischen Präsidenten mitteilen, daß sie Verständnis haben für die Begründung des Truppenabzugs aus Deutschland. Aufgrund der veränderten wirtschaftlich-sozialen Lage ist es höchste Zeit, neue Wege zur Sicherung Deutschlands und Europas zu gehen.

 

J. Hertrampf


Diese Bundeskanzlerin treibt es auf die Spitze

 

Johannes Hertrampf – 25.04.2016

 

Nachdem sie maßgeblich die EU in die Flüchtlingskrise gestürzt und Deutschland isoliert hat, versucht sie nun noch ihr politisches Versagen in einen Akt unverstandener Nächstenliebe umzudeuten.

 

Diese Heuchelei ist nicht mehr zu ertragen. Dass sie von Obama für ihre Politik gelobt wird, ist selbstverständlich, da sie auch diesmal wieder ihren Vasallenauftrag ohne Murren erfüllt hat. Der Besuch von Merkel in einem Flüchtlingslager im Grenzgebiet Türkei/Syrien sollte der Welt zeigen, dass die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin und der EU richtig ist. Aber was hat dieser Besuch gezeigt? Doch nichts anderes als dass die bedauernswerten Menschen von der herrschenden Politik benutzt werden, den Deal zu rechtfertigen, denn an ihrem Unglück hat sich nichts geändert. Der vom Westen initiierte Krieg gegen die rechtmäßige Assad-Regierung geht weiter. Den Flüchtlingen wird aber vorgegaukelt, dass der Westen auf ihrer Seite steht. Und den Deutschen und den Europäern wird vorgegaukelt, dass es also richtig ist, die Politik der Bundesregierung und der EU zu unterstützen. In Wirklichkeit sind aber die Deutschen, die Europäer und die vom Krieg geschundenen Menschen die betrogenen Opfer.

 

Heute fällt es immer mehr Menschen wie Schuppen von den Augen, dass es sich bei dieser Politik nicht um eine humanitäre Aktion handelt, sondern um einen raffiniert ausgeklügelten Plan, bei dem alle Völker verlieren und nur einer gewinnt: die von den USA geführte internationale Herrschaftsclique. Die Kritiker dieser Flüchtlingspolitik hatten von Anfang an Recht, jene, die mit allen Mitteln verleumdet und diffamiert wurden. Dafür muss man ihnen Dank sagen.

 

Grosse Teile des deutschen Volkes haben der Bundeskanzlerin geglaubt, weil sie es einfach nicht für möglich hielten, dass sie so belogen wurden, obwohl sie doch aus der Geschichte her wissen mussten, dass die Regierenden bisher immer das Volk belogen haben.

 

Stellen wir doch die Frage, was wäre aus Deutschland geworden, wenn es nicht diesen grundehrlichen nationalen Widerstand gegeben hätte?

 

Aber Merkel allein hätte es nicht soweit treiben können, wenn sie nicht von allen etablierten Parteien unterstützt worden wäre.

 

Sie haben sie unterstützt, weil sie ihnen zu jeder Zeit ihr privilegiertes Dasein garantierte. Sagen wir es klar und deutlich, ihre Führertreue zur Bundeskanzlerin resultierte nicht aus ihrer Überzeugung, sondern aus ihrer Angst vor dem Verlust ihrer Vorteile.

 

Wer gegen die Schandpolitik von Merkel ist, der muss sich deshalb auch gegen die Bundestagsparteien stellen, der muss sich von ihnen abwenden.

 

Wir brauchen keine Gewaltakte in Deutschland, um den politischen Kurs zu ändern, keine Strassenkämpfe und keinen Bürgerkrieg. Das entspräche nicht dem Volksinteresse. Die Entmachtung der Parteien auf demokratische Weise kann durch Massenaustritte der Parteimitglieder erfolgen. So war es auch am Ende der DDR, als Hunderttausende ihre Parteibuch zurückgaben und damit die Parteien handlungsunfähig wurden und von der Bildfläche verschwanden.

 

Was sollen wir tun? Diese Frage wird oft gestellt. Sie soll Bereitschaft signalisieren und zugleich Hilflosigkeit ausdrücken. Aber so hilflos ist das Volk nicht, zu keiner Zeit. Und auch Gewalt ist nicht von Nöten. Aber Einsicht und Entschlusskraft ja, wie damals.

 

Es muss doppelt und dreifach unterstrichen werden: die „Neue Grosse Wende“ muss friedlich sein, nur so ist sie demokratisch und werden Zustände entstehen, die den Erwartungen des Volkes auf Erneuerung gerecht werden.

 

 

J. Hertrampf

 

 


TV-Duelle

 

16. September 2009 FP Deutschlands

von J. Hertrampf

Die TV-Runden von CDU und SPD als auch von FDP, Grüne und LINKE haben deutlich gemacht, dass diese Parteien nach der Bundestagswahl an ihrem bisherigen Kurs festhalten werden. Alle Hoffnungen auf eine breite Opposition gegen die weitere Talfahrt in die Krise erweisen sich heute schon als haltlose Träumereien.

Gegen die Verschuldung der BRD als dem größten akuten Problem hat keine Partei ein überzeugendes Konzept aufgezeigt. Die Ansicht der CDU, den Schuldenberg in einer zu erwartenden Konjunktur abzubauen, ist eine bewusste Irreführung. Die gegenwärtige Krise ist eine Systemkrise, die eine solche Konjunktur nicht mehr zuläßt. Das um so mehr, als die CDU sich gegen grundsätzliche Veränderungen des Finanz- und Wirtschaftssystems stemmt. Auch die von der SPD vertretene Auffassung, dass der Schuldenberg von den nachfolgenden Generationen abgetragen werden soll, ist ein Hirngespinst, da dieser Schuldenberg auf Grund seiner Größe überhaupt nicht mehr zurückgezahlt werden kann und zudem noch weiter anwächst. Die nachfolgenden Generationen werden sich von der heutigen Schuldenpolitik gründlich distanzieren.

Von allen Parteien wurde der Lissabon-Vertrag ausgeklammert, obwohl er auch nach dem Urteil des BVG von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger abgelehnt wird. Besonders kritikwürdig ist in dem Zusammenhang die Rolle der LINKEN, die sich als Gegner des Lissabon-Vertrages hinstellen, aber den Widerstand der Bürger und Bürgerinnen nicht organisieren. Sie betreiben ein doppeltes Spiel.

 

Keine der genannten Parteien hat sich für die Einführung der obligatorischen Volksabstimmung auf allen politischen Ebenen ausgesprochen. Sie alle stimmen darin überein, dass sie den Souverän aus der Politikbestimmung weitgehend heraushalten wollen. Sie alle stellen sich über das Volk und wollen es regieren. Welche Parteien auch an der Regierung sind, sie werden den politischen Kurs nicht richtig bestimmen können, weil es gerade darum geht, die tonangebende Rolle der Parteien abzuschaffen. Die Schaffung der volkssouveränen Demokratie ist der Hauptinhalt der politischen Reform.

Wenn angesichts dieser Situation die Nichtigkeit der Bundestagswahl vorprogrammiert ist, werden viele Bürgerinnen und Bürger ihren Protest damit bekunden, dass sie entweder der Wahl fernbleiben oder den Stimmzettel ungültig machen. Für den Fall, dass beide Formen des demokratischen Widerstands zusammen über 50 % liegen, ist diese Wahl nach den Regeln der Demokratie ungültig und der politische Kampf tritt in eine neue Phase. Wenn die Mehrheit der Bürger dieses Wahlsystem ablehnt, dann muss schleunigst ein neues Wahlsystem erarbeitet werden.

Die sogenannten TV-Duelle dürften den Erkenntnisprozess beschleunigt haben, dass die führenden politischen Repräsentanten über keine Strategie der gesellschaftlichen Erneuerung verfügen.

 

_____________________________________________________________________________________

 

 

Die Schande Deutschlands - Alles bleibt unvergessen

 

 

25. März 2008 FP Deutschlands

 

von J. Hertrampf

 

Die Vorwürfe aus den USA sind bestürzend: der Bundesnachrichtendienst hat mit falschen Informationen die Bush-Regierung bestärkt, den Krieg gegen den Irak zu beginnen – Deutsche tragen also Mitschuld an Massenmord und Kulturbarbarei im Irak. Schröder, der damals als Kanzler die Gesamtverantwortung trug, sagt kein Wort dazu. Steinmeier scheint wieder an Gedächtnisschwund zu leiden. Und Frau Merkel schaltet nicht den Staatsanwalt ein. Glaubt wirklich jemand, die Mitschuld an diesem Menschheitsverbrechen ließe sich vertuschen? Diese Verbrechen, wie auch der mörderische Krieg gegen Jugoslawien und die Gräueltaten in Afghanistan verjähren nicht und müssen eines Tages wie die Verbrechen der Hitlerclique aufgeklärt und bestraft werden. Das erwarten die Völker von uns und das müssen wir zu unserer eigenen Reinigung tun. Bezeichnend ist, dass keine der etablierten Parteien im Bundestag zu diesen Vorwürfen der Amerikaner Stellung nimmt. Sie schweigen betroffen, weil sie alle gegen den Willen der Mehrheit der Deutschen diese Politik unterstützt haben.

 

 

 


Deutschland braucht ihn nicht

 

6. Januar 2012 FP Deutschlands

 

von J. Hertrampf

 

Herr Wulff ist ein Bundespräsident nach dem Willen von Bundeskanzlerin Merkel. In direkter Bürgerwahl wäre er nie Bundespräsident geworden, denn er hatte sich keine Verdienste um Deutschland erworben. Die jüngsten Auseinandersetzungen mit seinen Verfehlungen machen deutlich, daß er mit dem Amt des Bundespräsidenten intellektuell und moralisch überfordert ist. Viele Bürger schämen sich zutiefst über ihn.

 

Zwischen ihm und der öffentlichen Meinung liegt eine tiefe Kluft. Meinungsumfragen ergaben, daß die Mehrheit der Deutschen ihn offen ablehnt. Besonders im TV-Interview vom 04.01.2012 wurden schwerwiegende Defizite für das höchste Staatsamt der Bundesrepublik sichtbar. So stellte er sein persönliches Interesse über die Anforderungen an das Amt des Bundespräsidenten, wich er durch Winkelzüge einer geradlinigen Beantwortung der Fragen aus und erweckte zudem den Anschein, daß er für eine erfolgreiche Führung des Amtes unerläßlich sei.

 

Mit Befremden stelle ich fest, daß bisher weder die Bundesregierung noch der Bundestag zu dem Skandal Stellung genommen haben.

 

Die ganze Angelegenheit wirft ein bezeichnendes Licht auf die kritischen Zustände in Deutschland.

 


Der Runde Tisch damals

 

5. April 2009 FP Deutschlands

 

von J. Hertrampf

 

Der sächsische Justizminister veranstaltete am 28.04.2009 in Dresden eine Podiumsdiskussion und hatte dazu die Öffentlichkeit eingeladen. Thema waren die Verfassungsinitiativen des „Runden Tisches“ von 1989.

 

Arnold Vaatz und Herbert Wagner stellten rückblickend fest, dass die Arbeit an einer Verfassung eigentlich sinnlos war, weil es ja schon das GG gab, das alle erstrebenswerte Ziele enthielt. Angesichts der gesamten politischen Konstellation war die Erarbeitung einer neuen DDR-Verfassung auch chancenlos. Gerd Poppe und Werner Schulz dagegen bedauerten die Ignoranz, mit der damals die Ideen der „Bürgerrechtler“ vom Tisch gewischt wurden. Aber auch sie hatten sich dem Druck gebeugt. Bezüglich der aktuellen Forderung nach einer Verfassung gemäß Artikel 146 GG, war bei allen keine Unterstützung zu erkennen. Für Vaatz und Wagner hat sich das GG bestens bewährt, weshalb die Forderung nach einer Verfassung überflüssig sei. Poppe und Schulze schlossen sich dem grundsätzlich an, hätten aber gern einige Modifikationen, z.B. bezüglich des Rechts auf Arbeit. Nach ihrer Meinung wäre die Diskussion zur Verfassung heute gegenstandslos, hätte man damals eine Volksabstimmung zum GG durchgeführt. Darin zeigte sich bei ihnen ein erschreckendes Unvermögen, den tieferen Sinn einer Verfassung gemäß Artikel 146 zu begreifen. Verfassung und Erneuerung gehören zusammen und da reicht das GG nicht mehr aus.

 

Aus den Darlegungen von Vaatz und Wagner wurde klar, dass sie damals Wegbereiter der CDU waren. Sie hatten enge Kontakte zu westdeutschen CDU-Vertretern, deren Empfehlungen sie strikt umsetzten. Insofern waren sie keine Bürgerrechtler, sondern Handlanger. Sie sahen ihre Aufgabe darin, die Unterstützung für das CDU-Konzept in Sachsen zu arrangieren. Sie hatten also keine demokratischen Ambitionen. Wenn man heute die „Bürgerrechtler“ von damals betrachtet, so ist ihnen eines gemeinsam: Der Hass auf die DDR war größer als ihr Wille und ihr Vermögen zur demokratischen Erneuerung, weshalb sie alle den Weg der Entmündigung und Unterordnung unter das westdeutsche Kommando gehorsam mitgingen. Es gibt unterschiedliche Nuancen, aber im großen und ganzen besteht bei allen diesbezüglich Übereinstimmung. Auf der Grundlage eines solchen „schwarzen“ Antikommunismus ist eben eine eigenständige, konstruktive, demokratische Opposition nicht möglich.

 

Die „Bürgerrechtler“ von damals hatten weder ein brauchbares Konzept, was man ihnen nicht vorwerfen kann, denn wir alle wussten es nicht besser, noch waren sie frei von einem blinden Antikommunismus. Beides zusammen führte dazu, dass sie bedeutungslos wurden. Ihre stromlinienförmige Anpassungsfähigkeit vermied größere Reibungsverluste. Sie alle haben nichts dazu gelernt. Manche von ihnen haben sich als Zeichen ihres grundsätzlichen Friedens dekorieren lassen und leben nun in einer Nische der Gesellschaft. Den kommenden demokratischen Auseinandersetzungen stehen sie jedenfalls verständnislos gegenüber.

 

 


Aus der Giftküche

 

 

Wer sich über die weitere Politik der Bundesregierung hinsichtlich der äußeren Sicherheit informieren will, der greife zum „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, das am 25.10.06 vom Bundeskabinett beschlossen und einen Tag später vom Verteidigungsminister Jung mit einem Tagesbefehl der Öffentlichkeit übergeben wurde. So lächerlich diese Pose ist, so anachronistisch ist das ganze Gebilde, denn in dieser Schrift ist nichts von dem Anspruch auf Mut und neue Ideen zu finden, mit dem Frau Merkel sich gern bei ihren Auftritten schmückt.

 

Soll ein sicherheitspolitisches Konzept ein wirklich brauchbares Instrument sein, muß es auf einer Analyse der europäischen und vor allem der globalen Veränderungen der politischen Kräftekonstellationen sowie der Wirksamkeit der bisherigen sicherheitspolitischen Aktivitäten beruhen. So müsste bei ehrlicher Analyse  eingeschätzt werden, dass der Führungsanspruch der westlichen Welt auf einen immer entschiedeneren Widerstand der Völker stößt und dieser Widerspruch die hauptsächlichste Gefahrenquelle der Gegenwart ist. Die Völker wollen sich diesem Anspruch nicht beugen, was bei den westlichen Staaten nicht etwa zu vernünftigen Einsichten führt, sondern zu immer neuen abenteuerlichen und schließlich verbrecherischen Praktiken. Augenblickliche politische und militärische Erfolge der westlichen Staaten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie den Höhepunkt ihrer Dominanz überschritten haben und damit ihr Herrschaftsanspruch gescheitert ist. Nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Weltsystems ist auch die westliche Welt im Niedergang begriffen. Jeder ihrer Erfolge erwies sich seitdem als Pyrrhussieg und muß auf der Verlustseite abgebucht werden.

 

Wird diese politische Realität anerkannt, dann ergibt sich daraus, dass die Sicherheit Deutschlands nicht dadurch erhöht werden kann, diesen Wandel, der vom Westen als Bedrohung empfunden wird, durch immer neue politische und militärische Kraftakte aufzuhalten, sondern dadurch, dass sich Deutschland wandelt und selbst zum Akteur dieses weltpolitischen Wandels wird, dass es beiträgt, Konfliktstoff aus der Welt zu schaffen und nicht anhäuft. Deutschlands Sicherheit wird also nicht durch ausgeklügelte neue militärische Strukturen und präventive Unternehmen auf europäischer und transatlantischer Ebene gewährleistet. Die Verwundbarkeit der westlichen Zivilisation wird nicht geringer, sie kann nicht verringert werden, sondern sie nimmt zu. Alle diese militärischen Unternehmungen verschlingen ständig größere Geldsummen, materielle und menschliche Ressourcen, ohne den bezweckten Erfolg zu zeitigen. Sie sind ein riesiger sinnloser Aderlaß, zum Schaden der wirtschaftlichen, ökologischen und geistigen Erneuerung Deutschlands, Europas und der Welt. Sie sind nicht nur die reinste  Verschwendung, sie provozieren nicht nur direkte unberechenbare Gegenreaktionen, sondern sind auch ein Grund dafür, dass dringende globale Aufgaben unerledigt bleiben. Angesichts der allmählich ins Bewusstsein rückenden Dimension der Klimakatastrophe muß man sagen, sie sind das Brett vor dem Kopf, welches eine weltweite vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Rettung unseres irdischen Ökosystems verhindert. Mit einem solchen sicherheitspolitischen Konzept wird der Blick in die falsche Richtung gelenkt. Es ist kein Instrument der Sicherung, sondern der Verhinderung von Sicherheit, weil es im direkten Wortsinne reaktionär ist. Das ist keine Realpolitik, das ist mit blanker Selbsterhaltungstrieb. 

 

Die schwarz-rote Koalitionsregierung - und nicht nur sie, sondern auch alle Bundestagsparteien und die Gewerkschaften - bekennt sich zur Globalisierung,  zu eben diesem weltweit verhassten westlichen Imperialismus der nackten Gewalt und der Heuchelei. Sie ignoriert den zunehmenden Widerstand der Völker gegen die Globalisierung und postuliert diese als eine unumkehrbare Realität, die für Deutschland Zukunftschancen bietet. Die Globalisierung wird zur Grundlage der strategischen Partnerschaft zwischen EU und USA erklärt, für deren Absicherung Deutschland auf Grund seiner Stellung in Europa eine besondere Verantwortung trage. Die entscheidende Motivation für die Handlangerrolle Deutschlands wird damit nicht mehr aus der Vergangenheit abgeleitet, nicht mehr aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern aus der Globalisierung und der angeblich aus ihr erwachsenden Entwicklungschance. Mit diesem ideologischen Schwenk löst sich das System vom Schuldkomplex als der wichtigsten bisherigen Politikbegründung, der bei den Bürgern, insbesondere bei der Jugend, nicht mehr die erforderliche Akzeptanz findet. Das Fatale an der Sache ist nur, dass die von den westlichen Staaten betriebene Globalisierung ein politisches Konstrukt zur Rettung eines niedergehenden Systems ist und damit keine wirkliche  Perspektive hat. Praktisch kommt das im wachsenden Widerstand der Völker gegen die Globalisierung seinen Ausdruck. Wer die geistigen Prozesse in Deutschland verfolgt, dem entgeht nicht eine Reaktivierung imperialer Denkweisen, ein Großmachtgehabe, diesmal nicht im Alleingang, sondern im Verbund von Nato, EU und transatlantischer Gemeinschaft. Die gemeinschaftlich begangene Tat mindert nicht die Schuld des einzelnen. Angesichts des Desasters der USA in Afghanistan und im Irak, ist zu befürchten, dass die USA Deutschland und die EU noch mehr für ihre Kanonenbootpolitik nutzen werden, als das George W. Bush getan hat. Demzufolge dürfte sich das deutsche Schuldkonto in nächster Zeit weiter auffüllen. Das von der Bundesregierung veröffentlichte Weißbuch bereitet die Öffentlichkeit jedenfalls darauf vor. Die Wahlniederlage der Republikaner in beiden Abgeordnetenhäusern darf nicht als Zeichen eines Strategiewechsels aufgefasst werden, sondern ist ein korrigierender Eingriff in die blamable Führung. Frau Merkel steht jetzt vor der Aufgabe, sich dezent von ihrem Grill-Party-Freund zu distanzieren (sie schuldet noch immer dem deutschen Steuerzahler 18 Mill. Euro), um sich den demokratischen Drahtziehern mit ihrem druckfrischen Sicherheitskonzept anzubiedern. Der Vasall hat zu dienen und nicht zu fragen. Doch der Vasall steht nicht außerhalb von Schuld und Sühne.

 

 

 

                                                                           J. Hertrampf (08.11.2006)

 


Parteitag der Ratlosen

 

5. Dezember 2008 FP Deutschlands

…dass die CDU die Kraft zur Erneuerung aufbringen würde, war der Parteitag eine Enttäuschung…“

 

von J. Hertrampf

 

Für diejenigen, die noch darauf hofften, dass die CDU die Kraft zur Erneuerung aufbringen würde, war der Parteitag eine Enttäuschung. Für die politischen Realisten dagegen war er eine Bestätigung dessen, dass diese Regierungspartei am Ende ist. Da die CDU die hauptsächliche Stütze der BRD ist, ergibt sich daraus die Perspektivlosigkeit für das ganze gesellschaftliche System.

Die CDU ist rückwärtsgewandt. Sie sagt, dass die „Soziale Marktwirtschaft“ das bewährte Mittel sei, mit dem die Wirkungen der gegenwärtigen Finanzkrise abgewehrt werden können. Meint sie damit, die „Soziale Marktwirtschaft“ an die Stelle des gegenwärtigen Wirtschaftssystems zu setzen? Offensichtlich weiß sie nicht oder will es nicht wahr haben, dass die „Soziale Marktwirtschaft“ nur eine Schimäre ist, ein Hirngespinst aus dem Kalten Krieg, das als Alternative zum Sozialismus diente und nie Realität war. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus, auch auf deutschem Boden, hat sich die „Soziale Marktwirtschaft“ als schillernde Seifenblase längst verflüchtigt. Nichts ist zurückgeblieben als rücksichtsloses Raubrittertum und Schulden, Schulden und nochmals Schulden. Angesichts der düsteren Aussichten, das Jahr 2009 als „Jahr der schlechten Nachrichten“, soll nun mit der „Sozialen Marktwirtschaft“ Hoffnung erzeugt werden. Doch wir wollen keine neuen Nebelschwaden, sondern Realpolitik, Realpolitik im Interesse des Volkes, fernab von jeglichem globalen Führungsanspruch des Westens im Tross der USA. Endlich einmal ohne Scheuklappen sich der schöpferischen Arbeit widmen, endlich einmal frei die Ärmel hochkrempeln, das will unser Volk. Insofern war dieser CDU-Parteitag ein Schlag ins Wasser, denn ein „Weiter so wie bisher“ wird es nicht geben. Jetzt ist Umbruch angesagt. Oder wie es die Mehrheit der Amerikaner nennen: „Change“. Nicht als Folge einer Hauruck-Aktion, sondern als Folge einer Weichenstellung. Gesellschaftlicher Wandel ist auch unsere Chance, unsere einzige. Ob er in den USA gelingt, hängt von den Demokraten in den USA ab, das Neue mit der Kraft des Volkes zu verbinden und ebenso bei uns, vom Verstand der Erneuerer und von ihrem Mut, grundsätzliche Alternativen zum derzeitigen Wirtschafts- und Finanzsystem zu entwerfen und in die Tat umzusetzen. Wir brauchen nicht die alten Verführer mit ihren Sirenengesängen, sondern den Bürger-Elan, die Bürger-Ideen und den Bürger-Willen als Gestaltungselemente des Neuen. Wenn die Mehrheit der US-Bürger sich zum Wandel bekennt und bereit ist, sollten wir ebenfalls unsere Kräfte zusammennehmen und beweisen, dass wir auf demokratische Weise und wohldurchdacht die alten Formen ablegen können.

Freiheit für Deutschland, das ist die Entscheidung für die Zukunft!


Liechtenstein - Schluß mit lustig

 

21. Februar 2008 FP Deutschlands

von J. Hertrampf

Die Meldung über den Steuerbetrug von Zumwinkel schlug wie eine Bombe ein. Und dass Herr Steinbrück von einem verurteilten Kriminellen für 5 Millionen Euro die Daten aus Liechtenstein erworben hat, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Skrupellosigkeit der Bundesregierung. Aber als Frau Merkel den Regierungschef aus Liechtenstein, Otmar Hasler, mit verächtlichem Blick abgekanzelt hat, kam dann doch ein ungutes Gefühl über soviel Heuchelei hoch. Steuerbetrug ist wahrhaftig nicht bloß ein moralisches Vergehen, sondern ein handfestes Verbrechen an Millionen ehrlicher Bürger, denn was die Steuerbetrüger einstecken, wird den Bürgern zusätzlich aus der Tasche gezogen.
Die Gründe des Steuerbetruges liegen aber hier im Lande. Steuerbetrug in der BRD ist ein oft angesprochenes, ein seit vielen Jahren bekanntes Verbrechen, gegen das die Regierung bisher nichts Ernsthaftes unternommen hat. Wie sehr es gang und gäbe ist, macht eine Meldung deutlich, wonach der sächsische Ministerpräsident Milbradt für die dubiosen Geldgeschäfte der LB Sachsen das irische Dublin bevorzugte, weil – weil sich dort eben auch Steuervorteile nutzen ließen.

Wie man die Sache auch beleuchten möge, eines muss man bei der ganzen Liechtensteiner Affäre im Auge haben: das Fürstentum ist weder in der EU, noch in der NATO. Und es kann doch wohl nicht sein, dass die Herren in Brüssel und die Europäische Zentralbank nicht einen ungehinderten Zugriff auf einen solchen Geldtempel haben.


Geben wir Deutschland eine Perspektive

Eine derartige Zuspitzung der politischen Krise hat es in Deutschland noch nie geben. Entnervt stehen die Politiker vor dem von ihnen heruntergewirtschafteten Staat. Auf die Forderung der Bürger, endlich ein brauchbares Konzept für die Gesundung der Gesellschaft zu entwerfen, reagieren sie mit Schulterzucken oder mit dem Hinweis auf den Coronaeinbruch, daß dieser gegenwärtig das dringendste Problem sei. Und das sagen sie, ohne einen überzeugenden Eindruck zu erwecken, wie das geschehen soll. Nur soviel ist jedenfalls schon sicher: Deutschland wird ihrer Meinung nach einen gigantischen Aufschwung erleben. Die von Merkel und Macron vertretene Idee, einen EU-Hilfsfonds in Höhe von 500 Mrd. Euro aus Spenden von zahlungsfähigen EU-Staaten einzurichten, um aus ihm Geldgeschenke an disziplinierte EU-Länder zu geben, wird den Auflösungsprozeß der EU vertiefen. Hier kommt ein weiteres Mal zum Ausdruck, wie dilettantische Spitzenpolitiker sich ihre Rolle bei der Krisenbewältigung vorstellen. Geld regiert die Welt, glauben sie. Deshalb muss man neue Geldströme organisieren, damit die Weltwirtschaft wieder an Fahrt gewinnt. Aber ohne notwendige Ideen und Motive kommt keine nachhaltige Veränderung zustande. Hat die EU nicht schon genügend Gelder investiert, ohne die Erwartungen zu erfüllen?

 

Auffallend ist, daß nicht über Gründe der Krise gesprochen wird, weil man sie nicht weiß, bzw. sie auch nicht wissen will. Am Ende käme dann heraus, daß hier kein unglücklicher Zufall von Naturprozessen vorliegt, sondern menschliches Versagen die Pandemie ausgelöst hat. Denn dann wäre es offenkundig, daß die heutigen politischen Lenker die Verantwort-ung für das ganze Unglück tragen. Anstatt sich um die existentiellen Gefahren zu kümmern, verplempern sie die Zeit mit nutzlosen militärischen Ränkespielen, um die Völker nach Belieben gefügig zu machen. Und so wird die Aufklärung der Ursachen mehr und mehr verfälscht, bis nur eine ideologische Meinunsgbildung übrigbleibt. Es gibt auch hier eine Grenze, an deren Einhaltung alle Herrscher interessiert sind: die Vertuschung der Wahrheit. Dieses Anliegen ist das gemeinsame Ziel aller herrschaftsorientierten Funktionsträger. Die öffentliche Diskussion hat bekanntlich diese „rote Linie“ noch nicht überschritten, was z. Z. die größte Hürde für weiteren Bodengewinn der demokratischen Opposition ist. Die intellektuelle Erosion ist dennoch nicht mehr aufzuhalten.

 

Die Menschen kommen nicht mehr zur Ruhe. Im produktiven Bereich und auf dem Gebiet der Kommunikation hat der technische Fortschritt Sachlagen geschaffen, in denen der Mensch, anders als bisher an den Prozessen teilnimmt. Im vollautomatisierten Produktionsprozeß überwacht er die Wertschöpfung der eingesetzten Produktionsmittel. Spezialwerkzeuge verändern Zusammensetzungen und schaffen Produktformen, die neuartig sind.

Im Kommunikationsprozeß überwacht er die Suche und Verbreitung logischer Prozesse zum Zwecke der technischen und wissenschaftlichen  Wahrheitsfindung, wobei ihm das gesamte Wissen der Menschheit zur Verfügung steht, soweit es zugänglich ist. Erstmals in der Geschichte erlebt sich der Produzent als Weltgestalter, der sein Produkt, die digitalen Wegbereiter, in beliebige Funktionsstrukturen einsetzen kann, ohne sie bei seiner Erfindung direkt in die Hände zu nehmen. Man kann sie als virtuelle Technik bezeichnen, die als Bindeglied irdische Realitäten mit außerir-dischen Realitäten verbindet und dem Menschen Zugang zu ihnen verschafft. Mit dem neuen technischen Gegenstand ändern sich Weltbild und Welterfahrung bei jedem Einzelnen und werden neue Maßstäbe öknomischer Rationalität gesetzt.

 

Um an diesen miteinander fest verwobenen Vorgängen teilzuehmen, bedarf es eines hohen Fachwissens und einer breiten Allgemeinbildung, sowie der Fähigkeit, aus den Gegenwartsinformationen für die Zukunft absehbare reproduktive Schwachstellen zu erkennen und prophylaktische Schritte einzuleiten. Der tägliche Umgang mit digital begründeter Technik ruft bei den Menschen eine zunehmende intellektuelle Sensibilität, Urteilssicherheit und subjektive Mobilität hervor. Will sagen: die geistige Kultur der Gesellschaft wandelt sich. Sie muss sich auf neue Gegenstände richten, wenn ihre höheren produktiven Potenzen zur vollen Wirkung kommen sollen. Diese Erweiterung der geistigen Kultur verläuft gegenwärtig spontan. Es fehlen der Überblick, die Schwerpunktsetzung und eine Nachhaltigkeitsbewertung, also welche technischen Varianten in ihr angelegt sind. Dadurch gehen wertvolle Impulse für die gesellschaftliche Erneuerung verloren. Diese wird sich in dem Tempo vollziehen, wie die Menschen den geistigen Wandel akzeptieren und erweitern.

 

Der technische Fortschritt ist, unabhängig vom Motiv der ihn bewirkenden Kräfte, die entscheidende Voraussetzung für den allgemeinen Bildungsgrad und das Selbstbewußtsein der Bürger. Das Interesse der Bürger am technischen Fortschritt ist die wichtigste subjektbildende Kraft, die durch nichts verhindert werden kann. Ihre Behinderung ist möglich, aber ihre Verhinderung nicht.  Auf der Grundlage dieses Zusammenhanges, dessen Priorität die Menschen wissen oder nicht wissen können, er wirkt unabhängig von ihrer Erkenntnis und Akzeptanz, entwickelt sich auch ihr Verhältnis zur Gesellschaft, denn der Zustand der Gesellschaft entscheidet über die Möglichkeit, seinen größer werdenden Freiraum in seinem Umgang mit der Natur  mehr oder weniger auszufüllen. Die Menschen benennen  und bekämpfen das, was sie behindert ihre Interessen wahrzunehmen. Jeder Protest gegen Entscheidungen der Regierung ist mit einer umfangreichen Kommunikation verbunden und erhöht die politische Bildung der Beteiligten.

In einem solchen geistigen Spannungsfeld befindet sich die Mehrheit der Menschen heute und nimmt Teil an gesellschaftlichen Protesten und Disziplinverweigerungen. Allen voran die Jugend, also der Teil der Völker,  der die meiste Zeit seines Lebens noch vor sich hat und nicht umsonst gelebt haben möchte. Die Unzufriedenheit mit den Regierungsmaßnahmen, die bei den Demonstrationen zum Ausdruck kommt, kann als Anlaß gedeutet werden, endlich den jahrelang aufgespeicherten Unmut über die Regierungspolitik mit ihren grundgesetzwidrigen Mißachtungen zum Ausdruck zu bringen.

 

Letztlich handelt es sich hierbei um einen ganz legitimen staatserhaltenden  Protest in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung, an dem sich die Vertreter aller politischer Richtungen beteiligen, von Rechts bis Links. Das entspricht völlig dem Demokratiebegriff, selbst wenn einige politische Führer aus den Parlamentsparteien das anders sehen und damit den politischen Unmut unter den Demonstranten nur anstacheln. Die Öffentlichkeit der politischen Auseinanderetzung sind eben nicht nur Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, sondern der Disput auf der Straße, auf dem Marktplatz, in den Wirtshäusern gemäß dem ursprünglichen Sinn von „res publika“. Demokratische Politik hat ihren Hort nicht in Hinterzimmern, sondern im öffentlichen Raum, wo sie sich mit staatlicher Unterstützung frei äußern kann und am Ende eine Annäherung auf das politisch Notwendige erreicht wird. Leider ist dieses demokratische Grundverständnis bei einigen Politikern nicht ausgeprägt. Sie erheben vielmehr Anspruch, Demokraten per se zu sein und damit Kritik von sich abzuschirmen, ihre Meinung als einziges demokratisches Credo hinzustellen, was den Begriff bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Das artet dann häufig in wilden Unterstellungen und Beleidigungen aus, wie sie für die Parteien-demokratie typisch sind, aber eben nicht mit den Ansprüchen gegenseitiger Achtung übereinstimmt. In solchen Situationen werden Bürgerproteste dem Gedankengut extremer Randgruppen zugeordnet, ihre Organisatoren als Randalierer disqualifiziert und  der Protest als staatsgefährlich abgestempelt, ohne dafür von irgendjemandem zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Über eines dürfte Übereinstimmung bestehen: die Zahl der unzufriedenen Bürger ist größer als die Zahl der Protestdemonstranten. Jede Wahl bestätigt diese Aussage. Die Unzufriedenheit der Protestdemontranten bringt also eine größer gesellschaftliche Unzufriedenheit zum Ausdruck. Das berechtigt sie zum Ruf “Wir sind das Volk!“

 

Obwohl der Bürger fähig ist, die komplizierten Prozesse in Wirtschaft und Gesellschaft in Gang zu setzen und steuernd zu beeinflussen, ist er bei der Zielbestimmung ausgeschlossen. Durch seine Anwesenheit bei den Prozessen, kennt er sich über andere Varianten aus, die für die Gemeinschaft nützlicher wären, die aber auf Grnd der herrschenden Beschlußordnung tabu sind. Der Bürger hat im Staat, in der Wirtschaft oder im Bildungswesen immer vorgegebene Aufträge zu erfüllen, die von seinen Abgeordneten beschlossen wurden, an denen die Abgeordneten seine Leistung bemessen. Sein Leistungsvermögen ist jedoch viel größer als das, was von ihm gefordert wird.

Die über ihm stehenden Verantwortungsträger versuchen ihn von diesem Defizit abzulenken, ohne den Widerspruch zwischen dem gewachsenen subjektiven Vermögen der Bürger und seiner Mißachtung durch die Herrschenden aus der Welt zu schaffen. Dieser Widerspruch bleibt und weitet sich durch den technischen Fortschritt aus. Die fehlende Teilhabe bei der gesellschaftlichen Zielbestimmung macht den Bürger zutiefst mißmutig, denn er sieht, daß die Defizite bei der Zielbestimmung dem Fortkommen der Gesellschaft schaden. Er erkennt, daß er unter diesen Bedingungen Halbheiten hervorbringt und sein wachsendes schöpferisches Vermögen nie ausschöpfen kann. Das ist der tiefe Widerspruch zwischen den Herrschenden und den Beherrschten heute, der mit jedem technischen  Fortschritt das Kulturpotential der Technik einschränkt.

Der Beherrschte ist heute eine gebildete, verantwortungsbewußt einge-stellte Persönlichkeit. Gedrosselt wird er von scheindemokratischen Festlegungen, von Auswertungen zurückliegender geschichtlicher Ereignisse, von unzählichen finanztechnischen Schlingen und Knoten. Kurzum: In den Forderungen derer, die heute protestieren, äußert sich der Protest einer wachsenden ungenutzten Subjektivität.

 

Das ist auch der Grund, warum gerade in den technisch hochentwickelten westlichen Staaten dieser Protest anschwillt und die Macht der Parteiensysteme zerfällt. Und das ist auch der Grund, weshalb in der alten Strukturen der BRD keine Lösung gefunden werden kann. Das ist der Grund, daß in diesen Ländern der Protest sich in der Mitte der Gesellschaft verfestigt. Und nicht nur das. Der Gegenstand des Protestes ändert sich.

Aus der Mitte kommt der neue Machtanspruch, nicht von den Rändern. Das subjektive Unbefriedigtsein tritt in den Vordergrund, was auch als abnehmende Lebensqualität empfunden wird. Mit Geld allein ist dieser Widerspruch volkswirtschaftlich nicht zu lösen. Die hohen Erwartungen, die zu Beginn der Coronakrise vom Staat geweckt wurden, hielten keiner sachlichen Prüfung stand. Sie wareneinfach unüberlegte Versprechungen.  Das Finanzkapital  interessiert sich nicht für moralische Grundsätze und ästhetische Vorlieben. Es will das Geld haben, mit dem mitttelständische Schichten ihr Leben absichern. Es will den verschuldeten  Handwerker, Kleingewerbetreibenden und Bauern, der hoffnungslos in den Fängen einer Bank steckt, bis er im Ruin endet.

Die Dringlichkeit von Erneuerungen weist immer daraufhin, daß spezi-fische Funktionen mit weitreichenden Folgen ausfallen. Die Behebung des Mangels scheint simpel zu sein, weil die Klärung im alltäglich Bekannten liegt. Doch gerade das, was im Alltag selbstverständlich ist, setzt dem Widerspruch starken Widerstand entgegen.

Die Tatsache der Ausrichtung der technischen Politik bei Ausschaltung der Bürger wird als unveränderbarer Regelmechanismus angesehen, der auch künftig beizubehalten ist. Der Grundsatz der Gewinnerwirtschaftung war über Jahrtausende von ausschlaggebender Bedeutung in der herrschenden technischen Politik. Er war das Privileg der Herrschenden. Heute wissen wir, daß dieses Privileg für die Gesellschaft sehr zwiespältig ist und unerträglich wird, insofern auf den Steuerzahler die Folgekosten abgewälzt werden. Was da unter den staatlichen Fittichen sich eingenistet hat, muß den Adler, angesichts der steigenden Investitionskosten, zum Absturz bringen.

Mit der Frage nach der Perspektive Deutschlands wird der Blick auf die wissenschaftlich-technische Leistungsfähigkeit gerichtet.

 

22.05.2020 – Johannes Hertrampf

Ein Virus als Mahnmal

 

Verwarnung durch den Corona-Virus

 

Wie tief erfaßt uns die Corona-Krise? Wird sie Anlaß sein, gründlich den Ursachen nachzugehen, die diese Krise heraufbeschworen und die größte globale Erschütterung in der menschlichen Entwicklung auslösten? Nach den anfänglichen Beteuerungen, der Wahrheit schonungslos nachzugehen, läßt sich jetzt eine gewisse Änderung der Information feststellen.

 

Die Gesellschaftskrise, in der die Menschheit gegenwärtig steckt, ist kein kurzzeitiges Phänomen. Das spüren die Menschen auf Grund ihrer Hilflosigkeit gegenüber dem Corona-Virus. Und die bange Frage lautet, ob dieser Virus einer neuen Spezies, einer bisher noch nicht entdeckten Art, angehört oder gar ein modernes Kunstprodukt des Menschen ist? Der Mensch wirkt mit seinen Interessen zweckgerichtet in die Natur und löst damit unbewußt eine ganze Palette von Effekten aus, die mit neuen Geschwindigkeiten den Menschen übertrumpfen können, Effekten, die exponential wachsen, von denen der Durchschnittsbürger so gut wie nichts weiß. Interessant ist für ihn häufig nur eine Frage: Wie kann ich meine Geldmenge vergrößern, um die ständig steigenden Lebenskosten abzudecken? Wirkt seine Außenwelt so abweisend auf ihn, daß er permanent sich ihr entziehen möchte? Ist das ein mögliches Horrorbild der Zukunft - trägt der Mensch künftig generell Schutzanzüge und spielt sich sein Leben hinter Panzerglas ab?

 

Mit Nachdruck wird darauf verwiesen, daß es jetzt darum gehen muss, den wirtschaftlichen Schaden ertragbar zu machen. Nun mehren sich die Stimmen, die da sagen, wir müssen uns auf die Abwendung der wirtschaftlichen Bedrohungen konzentrieren, sonst geht alles den Bach herunter. Das betrifft vor allem die Schaffung geeigneter finanzieller Instrumente, mit denen die krisenbedingten Ausfälle kompensiert werden können. Es ist die Rede davon, Kredite in unbegrenzter Höhe zu gewähren und die Rückzahlung nicht zu einer Existenzbedrohung zu machen. In der EU werden Stimmen laut, die einen Corona-Bonds forden, den die Mitgliedsländer, Deutschland an der Spitze, mit Steuermitteln absichern, um ihn anschließend an notleidende Unternehmen zu verschenken. Das Schweigen der Finanzwelt ist also zu Ende und eine Vielzahl von Experten sehen ihre Zeit für gekommen, mit schillernden Ideen Schwung in die Überwindung der Krise zu bringen.

 

Nach Auffassung der führenden internationalen Geldzentren müssen jetzt die Banken und Kreditinstitute sich ins Spiel bringen, großzügige Initiativen anbieten und die Staaten zur Absicherung ihrer Lösungsvorschläge gewinnen. Alles nach altem Schema: Die Banken geben Geld, mit dem eine Vermögensumverteilung eingeleitet wird. Staat und Parteien setzen alle Hebel in Bewegung, um die Stimmung in der Öffentlichkeit zugunsten der Finanzwelt als Stimme der praktischen Vernunft auszurichten. Und am Ende das blaue Wunder der Rückzahlung, denn daß die Finanzhaie Geld verschenken, ist eine Illusion. In Tausenden Fernsehdiskussionen, Interviews, juristischen Verfahren und Ermittlungen des investigativen Journalismus zur Aufdeckung von Finanzbetrügereien wird die Aufmerksamkeit von den Gründen der Corona-Krise abgelenkt und das Problem als tragischer Sozialunfall abgehakt. Die regierenden Politiker haben kein Interesse an einer vorbehaltlosen, unpolitischen, globalen Analyse des Problems. Auch dieses Unglück wird in das bekannte ökonomische und politische Raster gepreßt. Am Ende muss es der Propaganda der todkranken Seite der Weltgeschichte dienen, gestützt auf die Geisteswelt der Zivilisation.

 

Die Natur rächt sich nicht, sie kennt kein Rachegelüst gegenüber dem Menschen. In ihr entwickeln sich Wechselwirkungen zwischen den vorhandenen Gebilden und den neuen Eindringlingen, die unvermeidlich eintreten, nach Maßgabe der um sie herum existierenden Systeme. Die vom Menschen ausgehenden Systemänderungen sind im entwicklungsgeschichtlichen Verlauf kurzfristig und kommen für den Menschen überraschend daher. In seiner bisherigen zivilisatorischen Entwicklung spielten sie eine untergeordnete, wenn nicht gar eine zu vernachlässigende Rolle. Sie legten die Vermutung nahe, daß mit dem plötzlichen Blitz- und Donnerschlag eine machtvolle Warnung ausgesprochen wird, ein Menetekel, das den Menschen zur Umkehr veranlassen soll. Umkehr, aber wie? Es scheint unvermeidbar zu sein, die zerstrittene und gespaltene Menschheit von heute bedarf einer starken, demokratischen Führungshand. Die Demokratie ist nicht ein endloser zeitaufwendiger, überflüssiger Diskutierklub, der von vielen Bürgern mit Kopfschütteln wahrgenommen wird, sondern ein konzentrertes Suchen nach der besten Lösung der Betroffenen.

 

Welche Gangart gefahren werden muss, bestimmen die erfahrenen Demokraten selbst, die immer auch Rechenschaft ablegen und die Kritik an ihrer Arbeit vom objektiven Standpunkt bewerten, Wenn man die Routine erkennt, mit der die Medien ihren Zweck verfolgen - und zwar erfolgreich - dann kann man schon Verständnis haben für die Meinung: „Der Mensch hat die Fähigkeit verloren, die richtigen Antworten zu finden. Er braucht einen unnachgiebigen Lehrmeister, der ihm den Ausweg diktiert.“ Dennoch bleibt die Demokratie der einzige und nicht ersetzbare Weg in die Zukunft. Die Formen, in der sie gehandhabt wird, müssen jedoch dem Inhalt entsprechen. Die Form ist keine sekundäre Seite. Ohne die richtige Form bleibt der Inhalt versiegelt, denn er findet nicht seinen adäquaten Ausdruck. Ein Absturz aus der Geschichte als Folge der Corona-Krise wird um so schmerzlicher und langwieriger sein, je mehr seine Verursacher an ihrer Einbildung festhalten, daß sie die Welt mit ihrem Spruch über Gut und Böse im Griff haben.

 

Wir behaupten und haben dazu auch Stellung genommen: der technische Fortschritt ist nicht sozial indifferent. Er garantiert heute die Überlegenheit der Demokratie über die untergehende Herrschaftsgesellschaft, aber eben nicht nur in eitlem Sonnenschein.

 

Aus den bisherigen Darlegungen klingt schon an, daß das Problem Corona-Krise eine Bearbeitung verlangt, die über den Kapitalismus hinausgeht. Die Schwelle am Ende der Zivilisation kann nur dann überschritten werden, wenn man den gesamten zivilisatorischen Hintergund aufdeckt, wenn nachgewiesen wird, daß die verschiedenen praktischen und geistigen Muster über den langen Zeitraum der Zivilisation den Menschen von den Herrschenden eingehämmert und diese dauerhaft geprägt wurden, so daß den heute Lebenden diese Werte als ganz natürlich und selbstverständlich erscheinen, die man nicht zu hinterfragen brauche. Obwohl die herrschenden Kreise die Richtung der Diskussion der Corona-Krise nicht dem Zufall überlassen und viele Menschen sich mit der Rolle eines Kleinkonsumenten abgefunden haben, nach dem Motto: Zu sagen haben wir sowieso nichts, aber der elementare Lebensunterhalt ist wenigstens gesichert-, kann man voraussagen, diese fatalistische Haltung wird sich nicht in Deutschland und der Welt durchsetzen, denn ihr fehlt die Energie des technischen Fortschritts, die dem jugendlichen Fortschrittsglaubens zugrunde liegt. Die Herrschenden haben für diesen kein Verständnis. Sie ziehen es vor, in der Mitte der Gesellschaft ihre reizvollen sozialen Köder auszuwerfen, also den Teil der Gesellschaft anzulocken, auf den sie es finanziell besonders abgesehen haben, denn dort ist noch Geld zu holen, nicht wertlose, druckfeuchte Banknoten, sondern werthaltiges Geld, in Form von kultiviertem Boden und sozial überdauerten Immobilien, kurzum die reale gesellschaftliche Reproduktion. Es ist ein kardinaler Fehler der alten Gesellschaft, wenn sie glaubt, mit viel Geld eine neue weltwirtschaftliche Initiative aus dem Boden zu stampfen, denn diese ist vorrangig nicht ein ökonomisches, sodern ein kulturelles Problem.

 

Indem der Mensch handelt, bringt er immer eine zivilisatorische Wertung zum Ausdruck. Sein Wille und sein Werten läßt sich von daher nachvollziehen. Dabei stellt sich heraus, er wird durch zahllose, irritierende, ja zweifelhafte Informationen gesteuert, was als Vorzug von demokratischer Freiheit bezeichnet wird, aber in der Gesellschaft Schaden anrichtet. Es reicht nicht aus, einen Standpunkt als Ausdruck persönlicher Freiheit zu haben. Individuelle Freiheit und gesellschaftlicher Nutzen schließen sich nicht aus. Sie sind im Prinzip deckungsgleich.

 

So richtig die Forderung ist, gegen die Corona-Vernichtung alle verfügbaren Potenzen der Gesellschaft einzusetzen, so richtig ist es auch festzustellen, inwieweit diese Potenzen ein Stück Erneuerung enthalten, um damit alte Schwächen zu vermeiden. Ein ungeprüfter Einsatz sollte vermieden werden.

 

Die Corona-Krise macht keinen Bogen vor diesem oder jenem politischen Ziel, sondern macht jedes Menschenwerk zunichte. Die Medien können es nicht lassen, ihre Berichterstattungen als Fortsetzung der früheren Diskriminierung zu benutzen. Die Corona-Krise macht deutlich, daß die Ausgaben für die früheren politischen Krisen und Konflikte an den wirklichen Interessen der Völker vorbei gingen. Es wurde nichts unternommen, was den Mensch-Natur-Konflikt verringert hätte. Stattdessen wurde der Ost-West-Konflikt als das alles beherrschendes Jahrhundert-Problem bezeichnet.

 

Der Mensch benutzt noch heute Gut und Böse als fundamentale Ordnungsbegriffe, wobei sein Vorteil das Gute, das er kräftig fördert und sein Nachteil das Böse ist, von dem er sich in ganzer Bandbreite seiner Wertbegriffe distanziert. Er bezieht die ganze Welt auf sich und sucht nach Mitteln, mit denen er seine Bedürfnisse und Interessen in immer größerem Umfang befriedigen kann. Daß er dabei mit jedem Schritt in dieser Richtung sein Dasein verunsichert, verschwindet unter Fülle neuer Eindrücke und Genüsse. Zwischen diesen beiden Polen, den wachsenden Bedürfnissen und Interessen und der Bereitstellung der materiellen Mittel zu ihrer Befriedigung, spielt sich das Leben der Individuen und Völker ab. Je kleiner der Aufwand für dieses Wechselspiel ist, desto größer ist die Gier, es in Schwung zu setzen und alle Zweifel an der Legitimation des Handelns zurückzustellen, denn Moral, Religion und ästhetisches Urteil, sprechen dafür. Die ganze Gesellschaft spricht dafür. Und die Generationen der Altvorderen haben es ebenso getan. Hatten sie denn Zweifel gehabt? Beim Streit um die Legtimation ging es um die Größe des Anteils am Kuchen, nicht um die Zerstörung des Glücks der anderen Zeitgleichen. Die Zerstörung des Glücks war Begleitumstand des herrschaftlichen Handelns, der Preis des Unverstandes. Die Anführer der Reichen und die der Armen standen sich diesbezüglich sehr nahe.

 

In der Politik geht es um den Anteil der Beute, nicht um die Methode, die Natur auszuhebeln, obwohl der Arme das beste Beispiel dafür ist, wie es dem Schwachen unter dem Diktat des Herrschenden ergeht. Dieser Blick fürs Ganze war auch dem Armen fremd. Weder für Moral, noch Philosophie war dieses Thema aktuell. So hatte der Zerstörerische freie Hand.

 

Wenn heute der Corona-Virus dem Menschen Angst einjagt, ist der Frage nach zu gehen, ist es wirklich der Virus oder ist es der Mensch? Da wird über das Tempo reflektiert, mit dem diese Gefahr sich ausbreitet. Aber hat sich der Virus selbst auf die Socken gemacht oder hat der Mensch ihn um die ganze Welt verstreut, mit jedem Schiff, mit jedem Flugzeug, mit jedem Auto. Ja, in manchen Äußerungen schimmert die Bereitschaft durch, den Tod hinzunehmen, wenn die Einschränkungen der persönlichen Freiheit aufgehoben werden. Das wäre ein unverantwortlicher Preis für persönliches Glück. Die Verbreitungsstatistik schürt Änsgte, die vom heutigen Menschen ausgehen. Wenn diese Statistik Lockerungen in Aussicht stellt, dann meint sie die Rückkehr zu den Verhältnissen, die dem Virus eine schnelle Ausbreitung erlaubten.

 

Die Zivilisation wurde als Weg der Menschheit verstanden, der am Ende zu einem krönenden Abschluß kommt. Neu war in dem Zusammenhang, daß er nicht mehr in Frage gestellt wurde, da die „theoretische“ Lehre ihn mit dogmatischer Sicherheit wiederholte, wie a-Quadrat plus b-Quadrat gleich c-Quadrat ist. Der Hinweis auf die Wissenschaftlichkeit war ein starkes Argument für die Glaubwürdigkeit der Voraussage der kommunistischen Erneuerung. Obwohl das große Kräftemessen zwischen der Alten Welt und der kommunistischen längst entschieden wurde, wird die Aufrüstung mit modernsten Waffen forciert. Die alten schuldhaften Kräfte haben noch nicht aufgegeben, denn die Niederlage der anderen Seite ist für sie nach wie vor der Beweis, daß sie recht haben. Sie haben den Kampf gegen den Irrtum überdauert, obwohl sie nicht die Wahrheit besaßen, die es noch gar nicht gab, sondern weil die andere Seite keine lebensfähige Alternative besaß. Ein derartiger Aufstand gegen die Alte Welt nach dem Schema einer Regimeänderung war von Anfag an zum Scheitern verurteilt. Die Erneuerung der Gesellschaft blieb also eine offene Aufgabe.

 

In der Zivilisation wirkten zwei Brandherde: der Widerspruch zwischen den Menschen in Herrschende und Beherrschte, befeuert durch den technischen Fortschritt und der Widerspruch zwischen Mensch und Natur, ebenfalls genährt durch den technischen Fortschritt. Beide Widersprüche müssen jetzt gelöst werden, um zum wahren Sinn des Menschen vorzustoßen. Und nun meldet sich die bedrängte Natur unüberhörbar zu Wort. Zwei gebündelte Widersprüche, Aktionsherde, fordern ihre Rechte ein. Der Mensch muß sie lösen oder er wird verzweifeln.

 

Das Ende der Zivilisation ist nicht das Ende menschlichen Zusammenlebens. Die objektiven Voraussetzungen für die Erneuerung werden günstiger, insofern es keine einzige Führungsmacht mehr gibt und damit das Ziel der Weltherrschaft entfällt. Die Menschheit braucht ein neues Gleichgewicht der Kräfte, diesmal nicht auf dem Boden der Angst, sondern des Vertrauens bei der Errichtung einer neuen Ordnung, also auf dem Boden gemeinsamer positiver Erfahrungen.

 

Seit dem kommunistischen Zusammenbruch haben die USA ihr politisches und ökonomisches Übergewicht verloren. Der Westen bestimmt nicht mehr die Agenda der Weltpolitik.

 

Vor diesem Hintergrund ist Trump zu sehen.

 

Vor diesem Hintergrund ist die Corona-Krise zu sehen.

 

Die Kräfteverschiebung wird weiter anhalten, um so sicherer, je mehr geistiger Vorlauf für die Erneuerung geschaffen wird. Die Zivilisationskritik ist eine notwendige Bedingung für eine höhere Stufe geistiger Freiheit.

 

 

Johannes Hertrampf - 06.04.2020

 


Das Machtwort des Souveräns

 

Die Kritik an der Regierung kommt aus allen Schichten des Volkes. Die Stimmung im Land ist gedrückt, weil die Regierung, die Forderungen der Bürger mißachtet und diskreditiert.  

 

Bald wird ein neuer Bundestag gewählt. Es besteht die Möglichkeit, die Regierung zu stürzen und den Parteien der Großen Koalition die verdiente Quittung für ihre Politik auszustellen. Die Parteien der Großen Koalition müssen abgewählt werden. An ihrer Stelle müssen Politiker in den Bundestag einziehen, die für einen politischen Kurswechsel eintreten.

 

Ein politischer Kurswechsel ist das demokratische Grundrecht des Volkes. Das Grundgesetz sieht vor, daß das Volk über Wahlen die Regierung bestimmt, die seinem Willen entspricht. Die Bürger haben es also in der Hand, wen sie am Wahltag die Staatsleitung übertragen.

 

Weiter so wie bisher oder eine demokratische Richtungsänderung?

 

Jeder muss selbst entscheiden, welcher Kraft im Lande er sein Vertrauen gibt, die Volksinteressen in den Bundestag zu tragen und Entscheidungen zum Wohlergehen Deutschlands zu treffen. Der Bundestag darf sich nicht länger als selbstherrliche Elite über dem Volk verstehen, die über die Köpfe der Bürger hinweg entscheidet. Es gibt nur einen Souverän in Deutschland und das ist das Deutsche Volk. Das Volk verfügt über die geistigen und praktischen Fähigkeiten, die gesellschaftliche Erneuerung auf den Weg zu bringen. Der alte Bundestag hat das Volk mißachtet und nicht in die Wegbestimmung einbezogen. Er hat in dieser Hinsicht völlig versagt. Die Stärkung und Erweiterung der Volkssouveränität ist daher eine Kernaufgabe, die der neue Bundestag anpacken muss.

 

Mit der Wahl zum neuen Bundestag verbindet sich die Erwartung, daß es einer entschlossenen, kraftvollen,  volksverbundenen Politik gelingt, den Niedergang Deutschlands zu beenden und die existenzielle Bedrohung unseres Volkes abzuwenden. Das ist die geschichtliche Bedeutung der Bundestagswahl.

 

Das Schicksal Deutschlands liegt in unseren Händen!

 

Seien wir uns dieser Bedeutung voll bewußt. Lassen wir uns nicht verunsichern. Die Enttäuschung über die Merkel-Regierung und die Parteien der Großen Koalition ist groß, so daß mancher Bürger in seiner Verzweiflung auf sein Wahlrecht verzichten will. Er will nicht mitschuldig sein, wenn die Politikwende nicht gelingt. Er will nicht mitschuldig sein, wenn alles so bleibt, wie es ist und gar noch schlimmer wird.

 

Hier muss man jedoch feststellen: Er macht sich mitschuldig, weil seine Stimme fehlt, den Stein ins Rollen zu bringen. Er macht sich mitschuldig, wenn er andere auffordert, es ihm gleich zu tun. Die demokratische Politikänderung in Deutschland beginnt im Kopf eines jeden Bürgers. Die Demokraten sind für einen friedlichen Weg, in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz. Sie wissen: Die Kräfte, die abgewählt werden müssen, fürchten nicht die Wahlenthaltung, sondern den Verlust an gültigen Stimmen. Wer nicht wählt, arbeitet denen in die Hände, die ihn enttäuschen und demütigen.  

 

Das Volk hat ein Interesse daran, daß der Politikwechsel friedlich, geordnet und zeitnah in Gang kommt, nicht gewaltsam, nicht chaotisch und auch nicht mit leeren Versprechungen verhindert wird. Wenn jeder Bürger sich sorgsam die vergangene Legislaturperiode durch den Kopf gehen läßt und dann unbeirrbar seine Entscheidung trifft, kann es einen Neuanfang geben.  

 

Wir haben ein Recht auf eine volksverbundene Regierung. Mit ihr werden wir das Vertrauen der anderen Völker zurückgewinnen, das die bisherige Politik verspielt hat. 

 

Gemeinsam mit allen Völkern Europas für Vertrauen und Zusammenarbeit!               

 

 

 

                              

 

                                                                   Johannes Hertrampf -  05.09.2017

 


Bürgerwille

 

Herrschaft bedeutet, daß ein Teil der Gesellschaft dem anderen Teil seinen Willen aufzwingt und diesen sich unterordnet. Demzufolge ist die parlamentarische Demokratie eine Herrschaftsform, die in verschiedenen Spielarten auftritt. Eine dieser ist die Parteiendemokratie.

 

In der parlamentarischen Demokratie heutigen Zuschnitts äußert sich das darin, daß der Wähler seine Souveränität für die Dauer der Legislaturperiode dem Abgeordneten überträgt und dieser bei seiner Entscheidung sich nur an sein Gewissen zu halten hat. Damit ist die entscheidende Bruchstelle markiert: die Souveränitätsübertragung des Wählers auf den Abgeordneten, was einer  Ent-mündigung über die Zeit der Legislaturperiode gleichkommt. Das Kunststück, welches der Abgeordnete nach seiner Wahl vollbringen muß, ist, den Bürger während der Legislaturperiode bei guter Laune zu halten, damit dieser ihm am nächsten Wahltag erneut die Stimme gibt.  

 

Parteiendemokratie ist gelenkte Demokratie, was unter unseren Bedingungen besagt, daß die parlamentarische Demokratie von Parteien gesteuert und organsiert wird, so daß der Bezug zwischen dem Abgeordneten und dem Wähler über eine Partei vermittelt wird. Parteien sind Werkzeuge, die vor allem mit Steuergeldern und Spendengeldern unterhalten werden. Der betreffende  Abgeordnete spielt also nur eine Statistenrolle. Verallgemeinert ausgedrückt heißt das, daß die Parteien die Bruchstelle der parlamentarischen Demokratie besetzen und in ihrem Sinne auslegen. Diese Steuerung der Abgeordneten während der Legislaturperiode üben sie vor allem mit Hilfe des Fraktionszwanges aus. Da die Parteien in den Parlamenten Fraktionen bilden, was durch zusätzliche Gelder seitens des Staates gefördert wird, regulieren sie das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten. Mit dem Fraktionszwang heben sie die Unabhängigkeit des einzelnen Mandatsträgers auf. Das Druckmittel, dessen sich die Parteien dabei vor allem bedienen, ist die Korruption. Die gesamten Bezüge, die ein Abgeordneter erhält, kann er an keiner anderen Stelle in der Gesellschaft leichter verdienen. Das ist das bestimmende Motiv. Die Ideologie, nach außen aufgebauscht, spielt realiter eine untergeordnete Rolle. Die Diktatur der parlamentarischen Demokratie wird also vor allem über Geldflüsse abgesichert. Aber die Bruchstelle zwischen Volkssouveränität und Volksent-mündigung ist die Übertragung des Entscheidungsrechts an den Abgeordneten für die Dauer der Legislaturperiode.

 

In der letzten Phase der Zivilisation tritt das internationale Finanzsystem als globales Imperium in Erscheinung und ist bestrebt, sich alle politische, militärische und wirtschaftliche Macht unterzuordnen. Daraus entwickelt sich ein bisher unbekanntes Widerspruchspotential, das seine wichtigste Triebfeder im technischen Fortschritt hat. Dieser eröffnet zwar einerseits dem internationalen Finanzkapital ein großes Wirkungsfeld und beschleunigt die Geldflüsse, erzeugt aber zugleich große Gegenkräfte, insofern sich der individuelle Spielraum von Millionen Produzenten und Konsumenten enorm vergrößert. Die daraus resultierenden Gegenkräfte übersteigen die Grenzen der Finanzgewalt. Das ist der Grund für die zunehmende Spannung. Doch die Kritik wird auch deshalb größer, weil die Politik immer kolossalere Fehler macht. Das wird deutlich im Versagen europäischer Politiker bei der Abwicklung der EU.

 

Die steigende Spannung äußert sich in zunehmender Systemkritik, die in zwei gegensätzlichen Richtungen verläuft. Das eine Extrem ist die generelle Ablehnug der Demokratie und ihr Austausch mit einer Diktatur, weil angeblich die Demokratie, mit Blick auf die parlamentarische Demokratie heute, zu einem politischen Verschleiß der Kräfte führt und Ordnung und Leistungsfähigkeit der Gesellschaft darunter leiden. Das entgegengesetzte Extrem, wieder mit Blick auf die parlamenta-rische Demokratie, ist die Forderung nach einer absoluten Beseitigung der Unterordnung. Wenn jeder nach seinen Wünschen lebt, dann wäre der soziale Frieden und eine maximale Kreativität gesichert. So argumentieren die Verfechter des bedingungslosen Grundeinkommens. Beide Extreme geben vor, die Gesellschaft vor dem Kollaps zu bewahren. Im Hintergrund geht es um die Frage nach der Rolle des Wählerwillens als konstituierendes Element der Politik. Ist er nur Wunsch oder ist er reale Notwendigkeit? - und zwar um so mehr, je mehr ihm die öffentliche Diskussion vorausgegangen ist - der Wille als Form des Bewußtseins.

 

Daß die Gesellschaft in bisheriger Weise nicht weiter existieren kann, ist in beiden Lagern der Kritik  - und darüberhinaus in weiten Kreisen der Gesellschaft - unbestritten. Doch diese kritische Sicht führt noch nicht zu richtigen Folgerungen. Zwei extreme Auffassungen stehen sich gegenüber: die Organisation durch Zwang als Herrschaftsgesellschaft und die Oganisation ohne Zwang. als unabhängige Gesellschaft. Nach welchen Gesichtspunkt soll man sich richten?

 

Die bisherige Geschichte stellt sich für den Menschen vorwiegend als erzwungene Organsation dar, erzwungen durch ein Netz von Abhängigkeiten, das kaum eine Lücke ließ. Letzten Endes wurde die Sprache der Gewalt gesprochen, die jeder verstand. Das Reich der Freiheit, von dem die so Unter-drückten träumten, lag weitab von der Gegenwart - über den Wolken.

 

Doch woher kommt der unversöhnliche Gegensatz? Das Reich des Zwanges ist der allgemeine Zustand der Natur, in dem das Einzelne keine Wahl hat, sondern auf seinen Platz gestoßen wird. Die Freiheit der Entscheidung ist auf diesem Naturzustand unbekannt. Erst mit dem Auftreten des Lebens in der Natur entsteht das Subjektive, der Eigenwille des Subjekts, der im Menschen seine höchste Ausprägung hat. Dieser Eigenwille führt beim Menschen zum Begriff der Freiheit. In dem Maße, wie der Mensch seine Technik entwickelt, entwickelt sich sein Subjektsein und damit sein Freiheitsdrang. Sein Dasein wird widersprüchlicher, weil sein Eigensein erwacht. Sein Freiheits-drang ist also eine Bedingung seiner Bewegung, die sich eben von der des reinen Naturzustandes unterscheidet und steht in direktem Verhältnis zu seinen technischen Fähigkeiten. Daraus ergibt sich, daß dieser Widerspruch ein permanenter ist, der nicht überwunden werden kann, weil er sich stets neu reproduziert.  

 

Die bisherige Herrschaftsgesellschaft war eine politische Organsiation, bei der Zwang und Zwanglosigkeit sich feindlich gegenüberstanden, sich gegenseitig bekämpften. Warum? Weil dieser  Antagonismus sich personifizierte, als persönliches Interesse ausgetragen wurde. Bei der neuen Organisation entfällt dieser Antagonismus. Es gibt nicht mehr die Vertreter der einen und die Vertreter der anderen Seite. Der Zwang bleibt, der Antagonismus entfällt. Man darf also nicht generell den Zwang ablehnen, er ist nicht verwerflich und damit ist die Zwanglosigkeit nicht ein erstrebenswerter Glückszustand

 

Wenn die künftige Gesellschaft die Abschaffung der Herrschaftsgesellschaft impliziert, bedeutet das nicht, daß es in ihr keinen Zwang mehr gibt, also das, was es in der Herrschaftsgesellschaft auch gab und was dort dominierte. Der Zwang erscheint nun als Norm, als Bedingung der Freiheit. Jedes Gesetz erzeugt durch seine Wirkung Zwang. Auch die Mehrheitsentscheidung ist eine Form von Zwang. Sie kann ein Instrument von Herrschaft sein, aber auch ein aufgeklärtes Instrument von Notwendigkeit und Ordnung. Diese Unterscheidung macht den Unterschied deutlich.

 

In der bisherigen Gesellschaft war für das gezwungene Individuum der Zwang keine Bedingung seiner Freiheit, sondern seiner Unfreiheit. Je mehr das Individuum die Norm als Bedingung seiner Freiheit erfährt, desto weniger steht es ihr feindlich gegenüber. Die künftige Gesellschaft ist daher nicht einfach das Gegenteil der heutigen, sondern bietet dem Individuum mehr Entfaltungs-möglichkeiten. Aber eben jedem. Das ist die gute Wirkung, der Sinn der Norm. 

 

Das Hauptproblem der parlamentarischen Demokratie ist heute der Widerspruch, daß mit der Wahl der Bürger seine Souveränität abgibt, daß er deshalb für die Zeit der jeweiligen Legislaturperiode keinen wirklichen Einfluß auf die Politik ausübt. Natürlich verliert er nicht wirklich seine Souveränität, da diese eine natürliche Eigenschaft ist. Die Abgabe dieser Souveränität ist ein gesellschaftliches Verfahren, ein modus vivendi zum Erhalt der Herrschaftsgesellschaft.

 

Daß der Bürger, unabhängig von sozialer Stellung und Geschlecht Abgeordnete wählen konnte,  war ein enormer Fortschritt in Richtung größerer individueller Freiheit. Die parlamentarische Demokratie war ein Schritt in Richtung Grenze der Zivilisation. Doch nun muß eine neue Stufe folgen. Brachte die Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechts die Volkssouveränität in eine neue Verfassung, eben in den Legislaturrhytmus, so geht es jetzt um Permanenz, um eine neue Verfassung der Volkssouveränität. Das heißt, die Rolle der Parteien muß geändert werden, die Rolle der Bürger bei den großen Entscheidungen muß erweitert werden durch Einführung von Volks-abtimmungen. Darüberhinaus muß das Zugriffsrecht der Bürger auf die Politik während der ganzen Legislaturperiode generell gewährleistet werden.

 

Die Wirklichkeit ist schnelllebiger geworden. Die Welt in den Jahren nach der Wahl ist eine andere als zum Zeitpunkt der Wahl. Das Legislaturdenken blendet diese Veränderungen aus und fördert den Mißbrauch durch Parteien. Das bisherige Vertreterprinzip ist überholt.

 

Die politische Reform muß die Bürgerrechte stärken. Wenn heute infolge der EU-Krise die Reform so angedacht wird, daß es darum ginge, Deutschland in die EU stärker zu integrieren, wie das die Grünen auf ihrem letzten Parteitag gefordert haben, so ist das genau der falsche Weg. Wie immer, so auch in dem Fall: grüne Politik greift den vorhandenen Unwillen der Bürger auf und lenkt ihn aufs tote Gleis. Nimmt man die grüne Politik genauer unter die Lupe, erkennt man stets ihre neoliberale Grundrichtung. 

 

Wenn der Bürger mit seinen Forderungen kein Gehör findet, dann entsteht eine Protesthaltung   gegenüber den politischen Entscheidungsträgern, die sich zum Konflikt auf der Straße ausweiten kann. Vom demokratischen Standpunkt aus betrachtet, ist diese Möglichkeit  in jeder Hinsicht ineffzient. Alle Kämpfe auf der Straße zusammengenommen haben keine Zukunftswendung Deutschlands bewirkt. Der Krawall auf der Straße gehört einer vergangenen Zeit an, als man es nicht besser wußte, als man ihn für einen Lösungsweg hielt. Daraus ergibt sich aber auch, daß der Einsatz der Staatsgewalt ein überflüssiges Mittel ist, weil es die Lösung behindert. Stuttgart 21 war ein anschauliches Beispiel für die Wirkungslosigkeit des Wechselspiels von Protest und Gewalt in unserer Zeit.

 

Die Machtdemonstration auf der Straße ist ein Mittel des Bürgers unter den Bedingungen der  parlamentarischen Demokratie, das abgeschafft und durch den Bürgereinfluß auf die Politik ersetzt werden muß. Dann erledigen sich Demonstrationen mit Polizeieinsatz. Dann sind Gummiknüppel, Tränengasbomben und Molotow-Coctails nur noch Ausstellungsstücke in Museen. 

 

Dieser Wechsel funktioniert aber nur dann, wenn die Entscheidungsträger den Bürgerwillen kontinuierlich zum Anlaß nehmen, über seinen Gegenstand ernsthaft zu verhandeln. Es muß also neben der Abgeordnetenversammlung eine weitere Instanz geben, die den Bürgerwillen prüft und artikuliert. Und diese Instanz ist die freie, öffentliche Bürgerversammlung zwischen den Wahlen. Die gewählten Vertreter haben dann die Pflicht, ihre Entscheidungen mit den Beschlüssen der Bürgerversammlungen in Übereinstimmung zu bringen. Die Stellungnahmen der Bürgerver-sammlungen sind also von höchster Autorität. Damit wird der leidige Zustand überwunden, daß Politik über die Köpfe der Bürger hinweg gemacht wird. Der Bürgerwille kann dann nicht mehr als ohnmächtiger öffentlicher Protest verhallen. Die Bürgerversammlung dürfte daher eine fundamentale Forderung einer neuen Verfassung nach Artikel 146 des GG sein. Sie geht über die gegen-wärtige parlamentarische Demokratie hinaus, als ein neues Element der politischen Reform.

 

        

 

                                                                                Johannes Hertrampf  08.12.2011

 


Aus der Giftküche

Wer sich über die weitere Politik der Bundesregierung hinsichtlich der äußeren Sicherheit informieren will, der greife zum „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, das am 25.10.06 vom Bundeskabinett beschlossen und einen Tag später vom Verteidigungsminister Jung mit einem Tagesbefehl der Öffentlichkeit übergeben wurde. So lächerlich diese Pose ist, so anachronistisch ist das ganze Gebilde, denn in dieser Schrift ist nichts von dem Anspruch auf Mut und neue Ideen zu finden, mit dem Frau Merkel sich gern bei ihren Auftritten schmückt.

 

Soll ein sicherheitspolitisches Konzept ein wirklich brauchbares Instrument sein, muß es auf einer Analyse der europäischen und vor allem der globalen Veränderungen der politischen Kräftekonstellationen sowie der Wirksamkeit der bisherigen sicherheitspolitischen Aktivitäten beruhen. So müsste bei ehrlicher Analyse  eingeschätzt werden, dass der Führungsanspruch der westlichen Welt auf einen immer entschiedeneren Widerstand der Völker stößt und dieser Widerspruch die hauptsächlichste Gefahrenquelle der Gegenwart ist. Die Völker wollen sich diesem Anspruch nicht beugen, was bei den westlichen Staaten nicht etwa zu vernünftigen Einsichten führt, sondern zu immer neuen abenteuerlichen und schließlich verbrecherischen Praktiken. Augenblickliche politische und militärische Erfolge der westlichen Staaten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie den Höhepunkt ihrer Dominanz überschritten haben und damit ihr Herrschaftsanspruch gescheitert ist. Nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Weltsystems ist auch die westliche Welt im Niedergang begriffen. Jeder ihrer Erfolge erwies sich seitdem als Pyrrhussieg und muß auf der Verlustseite abgebucht werden.

 

Wird diese politische Realität anerkannt, dann ergibt sich daraus, dass die Sicherheit Deutschlands nicht dadurch erhöht werden kann, diesen Wandel, der vom Westen als Bedrohung empfunden wird, durch immer neue politische und militärische Kraftakte aufzuhalten, sondern dadurch, dass sich Deutschland wandelt und selbst zum Akteur dieses weltpolitischen Wandels wird, dass es beiträgt, Konfliktstoff aus der Welt zu schaffen und nicht anhäuft. Deutschlands Sicherheit wird also nicht durch ausgeklügelte neue militärische Strukturen und präventive Unternehmen auf europäischer und transatlantischer Ebene gewährleistet. Die Verwundbarkeit der westlichen Zivilisation wird nicht geringer, sie kann nicht verringert werden, sondern sie nimmt zu. Alle diese militärischen Unternehmungen verschlingen ständig größere Geldsummen, materielle und menschliche Ressourcen, ohne den bezweckten Erfolg zu zeitigen. Sie sind ein riesiger sinnloser Aderlaß, zum Schaden der wirtschaftlichen, ökologischen und geistigen Erneuerung Deutschlands, Europas und der Welt. Sie sind nicht nur die reinste  Verschwendung, sie provozieren nicht nur direkte unberechenbare Gegenreaktionen, sondern sind auch ein Grund dafür, dass dringende globale Aufgaben unerledigt bleiben. Angesichts der allmählich ins Bewusstsein rückenden Dimension der Klimakatastrophe muß man sagen, sie sind das Brett vor dem Kopf, welches eine weltweite vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Rettung unseres irdischen Ökosystems verhindert. Mit einem solchen sicherheitspolitischen Konzept wird der Blick in die falsche Richtung gelenkt. Es ist kein Instrument der Sicherung, sondern der Verhinderung von Sicherheit, weil es im direkten Wortsinne reaktionär ist. Das ist keine Realpolitik, das ist mit blanker Selbsterhaltungstrieb. 

 

 

Die schwarz-rote Koalitionsregierung - und nicht nur sie, sondern auch alle Bundestagsparteien und die Gewerkschaften - bekennt sich zur Globalisierung,  zu eben diesem weltweit verhassten westlichen Imperialismus der nackten Gewalt und der Heuchelei. Sie ignoriert den zunehmenden Widerstand der Völker gegen die Globalisierung und postuliert diese als eine unumkehrbare Realität, die für Deutschland Zukunftschancen bietet. Die Globalisierung wird zur Grundlage der strategischen Partnerschaft zwischen EU und USA erklärt, für deren Absicherung Deutschland auf Grund seiner Stellung in Europa eine besondere Verantwortung trage. Die entscheidende Motivation für die Handlangerrolle Deutschlands wird damit nicht mehr aus der Vergangenheit abgeleitet, nicht mehr aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern aus der Globalisierung und der angeblich aus ihr erwachsenden Entwicklungschance. Mit diesem ideologischen Schwenk löst sich das System vom Schuldkomplex als der wichtigsten bisherigen Politikbegründung, der bei den Bürgern, insbesondere bei der Jugend, nicht mehr die erforderliche Akzeptanz findet. Das Fatale an der Sache ist nur, dass die von den westlichen Staaten betriebene Globalisierung ein politisches Konstrukt zur Rettung eines niedergehenden Systems ist und damit keine wirkliche  Perspektive hat. Praktisch kommt das im wachsenden Widerstand der Völker gegen die Globalisierung seinen Ausdruck. Wer die geistigen Prozesse in Deutschland verfolgt, dem entgeht nicht eine Reaktivierung imperialer Denkweisen, ein Großmachtgehabe, diesmal nicht im Alleingang, sondern im Verbund von Nato, EU und transatlantischer Gemeinschaft.

 

Die gemeinschaftlich begangene Tat mindert nicht die Schuld des einzelnen. Angesichts des Desasters der USA in Afghanistan und im Irak, ist zu befürchten, dass die USA Deutschland und die EU noch mehr für ihre Kanonenbootpolitik nutzen werden, als das George W. Bush getan hat. Demzufolge dürfte sich das deutsche Schuldkonto in nächster Zeit weiter auffüllen. Das von der Bundesregierung veröffentlichte Weißbuch bereitet die Öffentlichkeit jedenfalls darauf vor. Die Wahlniederlage der Republikaner in beiden Abgeordnetenhäusern darf nicht als Zeichen eines Strategiewechsels aufgefasst werden, sondern ist ein korrigierender Eingriff in die blamable Führung. Frau Merkel steht jetzt vor der Aufgabe, sich dezent von ihrem Grill-Party-Freund zu distanzieren (sie schuldet noch immer dem deutschen Steuerzahler 18 Mill. Euro), um sich den demokratischen Drahtziehern mit ihrem druckfrischen Sicherheitskonzept anzubiedern. Der Vasall hat zu dienen und nicht zu fragen. Doch der Vasall steht nicht außerhalb von Schuld und Sühne.

 

 

 J. Hertrampf (08.11.2006)

 


Abschied von der EU

 

Zur Überraschung der Öffentlichkeit wurde am 22.01.2019 der neue deutsch-französische Freundschaftsvertrag, der Vertrag von Aachen unterzeichnet. Er wurde ausgerechnet von politischen Repräsentanten unterzeichnet, die im eigenen Land von ihren Bürgerinnen und Bürgern nicht als nationale Repräsentanten anerkannt werden.

 

In Frankreich und in Deutschland finden gegenwärtig tiefgreifende geistig-politische Wandlungen statt, die den Regierenden zunehmend aus den Händen gleiten. E. Macron kämpft als Präsident Frankreichs ums politische Überleben. Mit der Ausdauer  der Gelbe-Westen-Bewegung hatte die französische Regierung nicht gerechnet. Nach wie vor fordert die Protestbewegung den Rücktritt des Präsidenten.

 

Im Prinzip ist die Lage in Deutschland gleich. Die Mehrheit der Deutschen will den Rücktritt von A. Merkel als Bundeskanzlerin. In den vielen Jahren als Vorsitzende der CDU und als Bundeskanzlerin der deutschen Regierung hat sie ein starkes politisches Geflecht aus Partei- und aus Staatsfunktionären geschaffen, mit dem sie sich im Gegensatz zur Mehrheit der Bürger über Wasser hält.

 

Das politische Kernproblem des Widerspruchs zwischen Bürgern und Regierung sind die seit Jahren sich drastisch verschlechternden Zustände in der EU, für die E. Macron und im besonderen Maße A. Merkel, Verantwortung tragen. Im Ergebnis einer diktatorischen EU-Politik befinden sich die Länder am Rande des Staatsbankrotts und wird die EU zunehmend handlungsunfähig. In allen EU-Mitgliedsländern wächst die Einsicht, daß die EU als europäisches Staatengebilde nicht lebensfähig ist, weil sie die nationalstaatliche Souveränität auflöst und damit die freie Entwicklung der Völker Europas verhindert. Die EU ist ein gefährlicher Unruheherd in der Welt, der die Beziehungen zwischen den Großmächten absichtlich stört und den Geist des Kalten Krieges wiederbeleben möchte.

 

Den führenden Kräften in der EU, Merkel, Juncker, Macron, Tusk und anderen ist die ausweglose Lage der EU bewußt. Mit dem deutsch-französischem Vertrag soll den Europäern eine Perspektive vorgegaukelt werden. Vor allem soll den Franzosen und den Deutschen eingeredet werden, sie haben mit diesem Vertrag eine große Verantwortung für Europa übernommen, indem sie nunmehr als zwei Kernländer der EU die Verpflichtung tragen, den anderen EU-Ländern zu demonstrieren, daß die Idee der EU erfolgreich umgesetzt werden kann.

 

De-facto ist der Aachener Vertrag ein Eingeständnis des Versagens der EU, durch den die hochverschuldeten Mitgliedstaaten dem Ruin überlassen werden. Der Vertrag ist ein Blendwerk und ist Ausdruck des Niedergangs der bisherigen Herrschaftsordnung. Es ist eine bedeutende Tatsache, dass auch der amerikanische Präsident D. Trump ihr den Kampf angesagt hat. 

 

Diese friedliche Niederlage der EU ist ein hervorragender weiterer Beweis dafür, dass das Recht auf souveräne Nationalstaaten der Schlüssel für die Schaffung einer friedlichen, freien und wirklich neuen Weltordnung ist.

 

Die Weltgeschichte beginnt sich immer stärker in dieser Richtung zu bewegen. Vielen geht das noch zu langsam. Viele verweisen auf bittere Rückschläge.

 

Und dennoch geht es vorwärts.

 

 

 

                                                                               Johannes Hertrampf - 23.01.2019       

 


Über den Wolken

Das Interesse am bedingungslosen Grundeinkommen, wir kürzen es ab mit bGE, erklärt sich aus der desolaten Lage in Deutschland. Doch eine besondere Aufmerksamkeit erfuhr diese

 

Idee, als sich der Unternehmer Götz W. Werner in die Diskussion einschaltete und als vehementer Verfechter in der Öffentlichkeit auftrat. In seiner Schrift, „Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen“, auf die wir uns im folgenden beziehen, gibt er, gemeinsam mit anderen Autoren, eine Zusammenfassung der Begründungen, Entwürfe und angenommenen Auswirkungen.

 

Die Befürworter des bGE argumentieren mit vielen Gründen und mit großer Leidenschaft. Sie sehen in ihm den Schlüssel für eine neue Gesellschaft, die frei von den Zwängen ist, unter denen heute der überwiegende Teil der Menschen leiden muss. „Mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für jeden Bürger könnte Deutschland eine Pionierrolle in der Welt einnehmen“, schreibt der Verleger im Vorwort. Die Kritiker sehen die Hauptschwäche des bGE darin, für das sie im übrigen manchmal Sympathie bekunden, dass seine Umsetzung nicht finanzierbar sei, kurzum: eine gute Idee, aber nicht machbar. Diese schroffe Ablehnung führte dazu, dass auf seiten der Befürworter zum einen viele Varianten entwickelt wurden und zum anderen die Einführung des bGE nicht als eine unmittelbare Aufgabe angesehen wird. Wann der Zeitpunkt gekommen sein wird, bleibt allerdings offen. Das könnte sich aber bald ändern, nämlich dann, wenn sich in Deutschland ein entsprechender politischer Druck aufbaut, der von der Hoffnung getragen wird, endlich auf diese Weise eine grundlegende Besserung der sozialen Lage zu erreichen. Dann könnte das bGE unverzüglich gefordert werden.

 

Die Gefahr, dass die Gesellschaft zu einem Experimentierfeld für unausgereifte Ideen wird, ist also gegeben. Von daher ist eine gründliche Beschäftigung erforderlich. Man muss aber auch sehen, dass die Kräfte, die heute schon dafür aufgewendet werden, beträchtlich sind. Deshalb ist es im Sinne einer höheren Rationalität der politischen Opposition richtig, die Idee umfassender zu prüfen und in absehbarer Zeit zu einer fundierten Aussage zu kommen. Die Erneuerung Deutschlands kann nicht auf der Grundlage falscher Ideen gelingen. Und die Kräfte, die dieses Ziel verfolgen, können sich auch nicht auf einer solchen Grundlage formieren. Das würde schwere Rückschläge heraufbeschwören. Je eher also die Prüfung beginnt und je eher das Ergebnis vorliegt, desto besser. 

 

Lassen wir im folgenden das am heftigsten umstrittene Problem weg und wenden uns einigen von Götz. W. Werner vertretenen Auffassungen zu. 

 

Wir leben in einer Überflussgesellschaft

 

„Die Produktivitätsentwicklung hat die Bedürfnisentwicklung längst überholt, wir haben gesättigte Märkte, und wir brauchen immer weniger Menschen, um dieses Übermaß an Gütern zu produzieren. Jetzt ist der Moment gekommen, wo wir uns vom Zwang der Arbeit befreien können.“(S.23) Und zwei Seiten weiter spricht er davon, dass wir heute „paradiesische Zustände“(S.25) haben. So mag sich die Situation einem Händler darstellen, dessen Regale überquellen oder einem Unternehmer, der seine Produktionskapazitäten nicht voll auslasten kann, weil er nicht die entsprechenden Abnehmer findet. Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht und gleich gar aus globaler Sicht ist diese Aussage nicht zu halten. Überfluss besteht nur im Vergleich zur Kaufkraft, nicht im Vergleich zu den vorhandenen Bedürfnissen. Und ziehen wir die zunehmende Naturzerstörung mit ins Kalkül, dann ist selbst dieser Überfluss nicht gesichert, denn bei einem „Weiter so“ wie bisher, zieht sich der Mensch selbst den Boden unter den Füßen weg. Mit dem Begriff Reichtum ist das so eine Sache, selbst dann, wenn wir ihn auf die Menge und Vielfalt der zur Verfügung stehenden materiellen Güter reduzieren. Auch bei Marx blieb die Vorstellung der Überflussgesellschaft eine vage Idee, wenn er sie mit den Worten beschrieb, dass dann „alle Springquellen des Reichtums“ fließen, obwohl er das Hauptaugenmerk mehr auf den subjektiven Reichtum an vielfältigen Fähigkeiten aller Individuen richtete. Was Werner als paradiesisch sieht, ist eine relative Überproduktion an bestimmten Gütern in hochtechnisierten Ländern. Dass Reichtum etwas mit  geistig-subjektivem Vermögen aller Mitglieder der Gesellschaft zu tun hat, darauf geht er nicht ein. Wo Armut und seelisches Elend neben glitzernden Fassaden haust, kann schwerlich von einer reichen Gesellschaft gesprochen werden.

 

In einer Überflussgesellschaft müsste die Übereinstimmung zwischen Bedürfnisstruktur und Produktionsstruktur nicht erst hergestellt werden, sie muss von vornherein gegeben sein, damit  jedes Bedürfnis sofort befriedigt werden kann. Das ist aber ein Widerspruch in sich, denn ein Bedürfnis erlischt, wenn es befriedigt ist. Die Überflussgesellschaft ist daher in Wirklichkeit eine bedürfnislose Gesellschaft, sie ist ohne Trieb und Bewegung, sie ist tot.

 

Aber sich diese vorzustellen, sollte wohl erlaubt sein, so rein als Hypothese. Die Tischlein-deck-dich-Gesellschaft war nur aufs Essen und Trinken beschränkt. Die Überflussgesellschaft müsste im Unterschied dazu, alles im Überfluss haben. Sie müsste über ein „System von Automaten“ verfügen, das der „Gesellschaft von Menschen“ alles bereitstellt, was Menschen brauchen, also nicht bloß für Essen und Trinken sorgen, sondern für alle anderen menschlichen Bedürfnisse auch. Das wäre eine Maschinenwelt, die dem Menschen in jeder Hinsicht voraus eilt, so dass er nie Mangel empfindet. „Bitte sehr“, möchte man hier ausrufen, „habt Phantasie, aber macht daraus kein politisches Programm, das uns keinen Deut weiter hilft. Oder wollt ihr bloß eine neue Form des glücklichen Jenseits?“

 

Die Vollbeschäftigung ist nicht mehr möglich

 

„Die Zeiten der Vollbeschäftigung sind endgültig vorbei. Vollbeschäftigung ist ein Mythos. Eine Lüge.“(S.36) Werner weist darauf hin, dass Rationalisierung und Automatisierung die menschliche Arbeitskraft aus den Produktionsabläufen hinaus drängt. Das ist zweifellos bei materiellen, aber auch bei geistigen Prozessen der Fall und zwar immer dann, wenn es sich um repetetive Elemente handelt. Die dadurch frei gewordene Arbeitskraft wurde bisher an anderer Stelle eingesetzt. Die gewonnene Zeit fand sich wieder in neuen Berufen, vor allem in einer Zunahme der geistig-schöpferischen Tätigkeiten – in Wissenschaft, Kunst, Religion und in der Erfindung neuer Techniken.

 

Zwischen der Freisetzung von Arbeitskraft und der Entstehung neuer Bedürfnisse besteht also ein Zusammenhang und genau der verhindert, dass es zur Beschäftigungslosigkeit kommt. Aber Werner sagt selbst, dass es in unserer Gesellschaft viel zu tun gäbe. Und er sagt weiterhin, dass die Empfänger von bGE einer Beschäftigung nachgehen könnten und mehrheitlich auch würden. Also wären sie doch „vollbeschäftigt“. Sein erster Paukenschlag, bezahlte Vollbeschäftigung sei nicht mehr möglich, bereitet den zweiten vor, dass man mit Arbeiten nicht mehr sein Auskommen haben kann. Es gelte daher, die „Verkopplung von Arbeit und Einkommen“(15) zu lösen. Er sagt aber selbst, dass bGE-Bezieher nach Herzenslust anderweitigen Tätigkeiten nachgehen könnten. Es ist schon merkwürdig, dass ihm nicht die Frage in den Sinn kommt, warum man dann nicht neue Verkopplungen von Arbeit und Einkommen schaffen sollte, wie das bisher immer in der Geschichte geschah? Die alte Regel „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ gilt längst nicht mehr, meint er mit Hinweis auf die Alten, Minderjährigen und Arbeitslosen. Aber diese Fürsorge gehört seit je zur Gesellschaft und ist kein Merkmal fortschreitender Entkopplung von Arbeit und Einkommen.

 

Die Arbeitslosigkeit ist keine Folge des technischen Fortschritts, sondern die Folge der Unfähigkeit, den durch den technischen Fortschritt bedingten Freisetzungseffekt zu einer Neustrukturierung des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters zu nutzen, also die freigesetzte Zeit wieder in Arbeitszeit umzumünzen, anstatt sie als arbeitslose Zeit hinzunehmen.  

 

Der technisch bedingte Freisetzungseffekt ist eine Bedingung des Kulturfortschritts. Aber fehlen uns heute, im Unterschied zu früheren Zeiten, wirklich neue Bedürfnisse? Ist nicht der unmittelbare Grund der Krise der, dass mehr Bedürfnisse vorhanden sind, als befriedigt werden können? Ist das Bedürfnis nach einer intakten Natur zum Beispiel kein Bedürfnis? Die Werbung ist voll von solchen Bildern. Die endlich eingestandene Klimakatastrophe und die Naturzerstörung überhaupt öffnen uns die Augen: wir stehen quasi vor einem Nichts. Es werden ja noch nicht einmal die vereinbarten Ziele der Minderung der Erdverschmutzung erreicht. So hatte sich die EU verpflichtet, von 1990 bis 2012 den Ausstoß an Treibhausgasen um 8% zu senken. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind es 0,9%. Angesichts der prekären Situation ist nicht nur eine Minderung der Erdverschmutzung erforderlich, sondern es müssen gewaltige globale Sanierungsprogramme aufgelegt werden.

 

Bisherige Gesellschaften sind immer mit den Folgen des technischen Fortschritts fertig geworden, indem sie diesen in Kulturfortschritt umsetzten. Daß sich der Mensch heute nicht auf eine höhere Stufe stellen kann, ist ein Hinweis darauf, dass ihm seine realen zwischenmenschlichen Beziehungen den Weg versperren.

 

Wie soll die notwendige Struktur des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters hergestellt  werden? 

 

Der gesellschaftliche Gesamtarbeiter muss so in sich gegliedert sein, dass die Gesellschaft dauerhaft existieren kann: je mehr einer mit seiner Tätigkeit Bedürfnisse anderer befriedigt, desto mehr kann er eigene Bedürfnisse befriedigen. Die Struktur des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters und die Bedürfnisstruktur einer Gesellschaft sind im Modell deckungsgleich.

 

Wenn Arbeit und Lohn bei jedem einzelnen entkoppelt werden, dann müsste der richtige Zusammenhang zwischen Gesamtarbeiter und Bedürfnisstruktur durch eine übergeordnete Institution hergestellt werden. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, die Übereinstimmung herzustellen: die zentralgesteuerte und die spontan regulierende. Die Realität war allerdings immer eine Synthese beider, mit Betonung der einen oder anderen Seite.

Auf den ersten Blick scheint es so zu sein, dass mit dem bGE der Einzelne in einen Zustand versetzt wird, in dem er völlig aus eigenem Ermessen über seine Zeit verfügen kann. In Anlehnung an den 1976 von der CDU verwendeten Slogan „Freiheit statt Sozialismus“, ab dem Zeitpunkt nahm übrigens die Verschuldungskurve der BRD einen steilen Verlauf, wird von manchen Verfechtern des bGE ganz forsch „Freiheit statt Vollbeschäftigung“ gefordert. Steht da nicht die finanzstarke INSM hinter der Gardine? Das, was die Menschen in ihrer Gesamtheit tun, soll nichts anderem unterliegen als ihrem Willen: „Denn wir brauchen kein Recht auf Arbeit und keine Pflicht zur Arbeit - wir brauchen einen freien Willen zur Arbeit.“(S.30) Die Frage ist eben nur, wie dieser so ausgerichtet ist, dass die Menschen etwas tun, womit sie sich gegenseitig in gegenseitige Abhängigkeiten setzen und auf dem Markt das finden, was einer vom anderen erwartet. Auf den Hinweis, dass Marx, der bei Werner zunächst Protest hervorruft, auch von einem „Reich der Freiheit“ jenseits von Not und äußerer Zweckmäßigkeit sprach, sagt Werner: „Ja, genau, das brauchen wir! Das hat der junge Marx geschrieben, leider hat er im Alter diese Gedanken nicht weiter verfolgt.“(S.42) Und auf die Frage, wer dann noch die Drecksarbeiten macht, sagt er: „Natürlich müssen unangenehme Jobs , wenn sie nicht von Maschinen übernommen werden können, eventuell höher entlohnt werden.“(S.42) Mit anderen Worten: alles das, was nicht angenehm ist und liegen bleibt, weil es nicht von Maschinen übernommen werden kann, muss über die Verlockung eines höheren Einkommens den Menschen schmackhaft gemacht werden. Damit tun sie etwas, was sie eigentlich nicht tun möchten, aber tun müssen, um sich weitergehende Bedürfnisse zu befriedigen. - Sobald die Sache aus dem Himmel der Philosophie auf den Boden der Realität herunter geholt wird, geht es nicht ohne die Steuerung des Einzelnen durch die Gemeinschaft. War das der Grund, dass Marx seinen Jugendgedanken nicht weiter verfolgt hatte? Direkt oder indirekt, aber irgendwie steht die Gemeinschaft immer hinter dem Einzelnen und souffliert ihm sein Handeln.   

 

Was hat das bedingungslose Grundeinkommen direkt mit der Arbeitslosigkeit zu tun?

 

Alle Theorien, die die Verteilung von der Produktion lösen, sind falsch, denn die Verteilungsweise hat keine andere Aufgabe, als das System der Gesamtarbeit sicher zu stellen. Deshalb kann es auch keinen folgerichtigen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und bGE geben, denn das würde ja bedeuten, dass die Verteilung gerade nicht auf die Erhaltung des Produktionssystems ausgerichtet ist. 

 

Für die Verfechter des bGE ist die Arbeitslosigkeit ein Hinweis darauf, dass die Verteilung nicht stimmt, aber in Wirklichkeit ist die Arbeitslosigkeit ein Hinweis darauf, dass etwas nicht mit der Welt der Arbeit stimmt. Niemand behauptet, dass es an Arbeit fehlt. Aber warum bleibt vieles liegen, warum wird Notwendiges nicht getan? Doch deshalb, weil diese zwar notwendigen Arbeiten nicht bezahlt werden. Dieser ausbleibende Umbau der Gesamtheit der Tätigkeiten in der Gesellschaft ist der springende Punkt und nicht eine allgemeine Entkopplung zwischen Arbeit und Einkommen und die daraus resultierende Einführung einer arbeits-unabhängigen Verteilungsweise. An dieser falschen Blickrichtung stoßen wir uns. Alle Versuche, durch eine Änderung der Verteilungsweise die Gesellschaft zu ändern, erwiesen sich als untauglich. Das bGE wäre hier nur eine Neuauflage eines solchen Unterfangens. Ehe wir da ans Ziel kommen, kochen die Ozeane. Grundsätzlich muss daher gelten, dass wir uns auf die Schaffung einer neuen Struktur der Tätigkeiten konzentrieren müssen. Das schließt Korrekturen im Bereich der Verteilung nicht aus.

 

Der Strukturwandel des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters erfordert wie jede Investition einen finanziellen Aufwand. Er erfordert aber vollem eine neue Ausrichtung der Tätigkeit auf einen gemeinsamen Zweck, in den letztlich alles einmündet. Die aufkommenden Ängste infolge des Klimawandels dürften diesen Prozess eigentlich forcieren: Der Mensch muss sich um das vielschichtige Gleichgewicht der Natur mit der gleichen Intensität kümmern wie um sein unmittelbares Wohl, ja, er ist genötigt, der Erhaltung des natürlichen Reichtums den Vorrang geben. Nur so wird er auch seine zwischenmenschlichen Beziehungen neu organisieren, sie nach neuen Werten ausrichten können. Darin sehen wir den Kerngehalt eines Erneuerung der Ökonomie im Zuge einer allgemeinen gesellschaftlichen Erneuerung. Dann gibt es Arbeit in Hülle und Fülle und warum sollte die nicht in bewährter Manier bezahlt werden? Die Einbeziehung der natürlichen Reproduktion in die Ware-Geld-Beziehungen, die Erweiterung der Marktwirtschaft um die Befriedigung des „natürlichen Interesses“, leitet ein neue Stufe der menschlichen Entwicklung ein.  

 

Auch die Philosophen sind Kinder ihrer Zeit. Das Reich der Notwendigkeit und das Reich der Freiheit ist die Teilung in das Diesseits und das Jenseits. Dieses Denken ist einer Epoche eigen, die wir jetzt hinter uns lassen. Es war nicht Irrtum, sondern einzig mögliche Orientierung auf seinem bisherigen Weg. Jetzt beginnt eine andere Wegstrecke mit einer anderen Orientierung, mit einer großen Erweiterung seiner Aufgabe, seinem natürlichen Auftrag gerecht zu werden. Dort sehen wir die besser funktionierende Gesellschaft.

    

Nach zwei Jahren großer Koalition mit der SPD will die CDU mit Hilfe von Werkstattgesprächen Licht in ihre von der Mehrheit der Deutschen abgelehnte Politik bringen. Es soll Bilanz gezogen werden über die große Koalition mit der SPD und zugleich will sie ihren Anspruch als führende Volkspartei in Deutschland rechtfertigen. Sie will die Alleingänge ihrer ehemaligen Vorsitzenden, A. Merkel, nicht aus der Welt schaffen, sondern rechtfertigen, nach der Maxime: Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Die jetzige Vorsitzende A. Kramp-Karrenbauer betonte mehrfach, die Werkstattgespräche sollten kein Tribunal sein, sondern die Handlungen ihrer Vorgängerin aus den Umständen heraus erklären, mit denen sie größere humanitäre Tragödien an den Grenzen verhindert hat. Derartige Handlungszwänge dürften sich in dieser Weise nicht wiederholen. Im Klartext: Über die Aushebelung der demokratischen Rechtsstaates durch die Bundeskanzlerin sollte nicht gesprochen werden. Ansonsten unterliegt alles der geltenden Parteilinie, dem unverhandelbaren Vorrecht auf Recht.

 

Die Parteiführung will keine Aufarbeitung. Damit hat die neue Vorsitzende gleich zu Beginn ihrer Amtszeit ihr Einverständnis mit dem aktuellen Demokratiebegriff offenbart, demzufolge Staat und Partei der demokratischen Kontrolle entzogen sind. Anstatt der ehemaligen Vorsitzenden die Schranken der Demokratie aufzuzeigen und ihr die Eröffnung eines Ausschlußverfahrens mitzuteilen, stellte sie sich schützend vor A. Merkel und bewies damit, daß sie unfähig ist, die Partei aus der großen Talsohle herauszuführen.

 

In einem demokratischen Rechtsstaat darf es keinen Winkel geben, in dem politische Geheimbündler, abge-schirmt von der Öffentlichkeit, ihre privaten Ansichten als verbindliche Richtlinien erklären. Der Bürger hat das Recht, sich auf jeder Ebene in die Politik einzumischen, da die Politiker das Recht beanspruchen, über Zeit, Geld und Leben des Bürgers zu verfügen. Es kann nicht hingenommen werden, Parteiveranstaltungen zwecks Irreführung der Öffentlichkeit durchzuführen, wie das Werkstattgespräche nach vorgegebenem Muster wären. Die Verlautbarungen der Medien zum Thema Werkstattgespräche machten deutlich, daß seitens der CDU-Führung eine kritisch-schöpferische Diskussion über den gegenwärtigen geistigen Zustand in Deutschland nicht erwünscht ist. Daß diese Diskussion so schwer in Gang kommt, hat etwas mit dem System Merkel zu tun, der ideologischen Gleichschaltung eines großen Netzes von Verantwortungsträgern in Parteien und Staat, die als Nutznießer von Vorteilen und Organisatoren von Seilschaften über einen beträchtlichen politischen Einfluß verfügen.

 

Die CDU hat mit ihrer Toleranz des Merkelschen Führungsstils den Einstieg in eine politische Reinigung verpaßt und braucht ihren Kritikern nicht Respektlosigkeit vorzuwerfen. Noch beharrt sie auf den Führungsanspruch in Deutschland. Von allen Altparteien im Bundestag geht von ihr jedoch der tiefste Widerwille gegen eine freimütige Zustandsanalyse in Deutschland aus. Nicht Deutschland, sondern Europa gilt ihre größte Sorge. Obwohl nicht mehr Parteivorsitzende bestimmt Merkels Geltungsdrang die Handlungsrichtung der CDU zum Schaden Deutschlands. Obwohl sie über keinerlei Legitimation verfügt, sieht sie sich berufen, an der Spitze der EU zu stehen, was nach ihrer Sicht die Spitze Europas ist. A. Merkel hat mit dieser selbstverschriebenen Verantwortung für Europa Deutschland in eine politische Sackgasse geführt, die zum wirtschaftlichen und nationalkulturellen Niedergang führt.

 

Um ihr Handeln zu rechtfertigen, umgibt sie sich mit einem europäischen Nimbus, den sie als geltendes „Non plus ultra“ vertritt. Damit entbindet sie sich von ihrer grundgesetzlichen Verpflichtung, sich uneinge-schränkt für das Wohl des deutschen Volkes einzusetzen. Mit dieser Absage an das deutsche Volk verläßt sie das demokratische Fundament unser grundgestzlichen Ordung. Sie erwartet von den Mitgliedern ihrer Partei, ihrem Weg zu folgen. Und nicht nur das. Sie erwartet von den Verantwortlichen der anderen EU-Staaten, es ihr gleich zu tun. Der Widerstand, der sich in der EU gegen Deutschland entwickelt, ist eine Folge falscher Merkelscher Politik. Wer eine anerkannte europäische Politik betreiben will, der muss das auf dem Boden eines unerschütterlichen Vertrauenensverhältnisses zu seinem Volk tun.

 

Die CDU hat ihren nationalen Sinn längst abgelegt. Hieraus folgt das wachsende Mißtrauen der anderen Völker Europas gegenüber Deutschland. Sie lehnen eine Führung Europas mit Deutschland an der Spitze ab. Sie wollen nicht von äußeren Mächten regiert werden. Sie wollen nicht fremdem Druck ausgeliefert sein. Das Mißtrauen der anderen Völker gegenüber einer deutschen Führung ist berechtigt, nicht wegen einer deutschen Führung, sondern wegen einer Führung überhaupt. Wenn Frau Merkel sich keine andere Welt als eine geführte Welt vorstellen kann, so ist das ihr Problem.

 

Es hat sich längst herausgestellt, daß die internationalen Organisationen das nationale Schöpfertum einschränken. Die Globalisierung mit ihren verschiedenen Institutionen hat auf der ganzen Bandbreite versagt.  

 

Die  kritische Lage in Deutschland, dem Kernland der EU, läßt sich nicht mehr schön reden. Aber die Kritik darf sich nicht auf eine Kritik des Schönredens beschränken. Sie muss grundsäzlich sein. Seit den desaströsen Ergebnissen für die etablierten Parteien bei der letzten Bundestagswahl wird deutlich, daß ein politischer Wechsel bevorsteht.

 

Typisch für eine politische Endphase ist, daß ihre Köpfe nicht mehr das Gespräch mit den Bürgern suchen.

 

Ihre Öffentlichkeit sind nicht Bürgerversammlungen, sondern die Sitzungen des Bundestages und der Ausschüsse, die Diskussionsrunden im Fernsehen und ähnliches mehr. Keine der etablierten Parteien, also von CDU/CSU bis zur Linken, erfüllt die Hoffnungen des Wahlvolks, sondern bildet sich ein, dieses müsse ihnen huldigen, denn sie tragen die Last der Politik. Die Auffassung, daß das Volk unfähig sei, die „Hohe Politik“ zu verstehen und zu bewerten, geht sang- und klanglos unter und ist beim heutigen Bildungsstand des Volkes gleich doppelt falsche Ideologie.

 

Der Bürger empfindet die immerlachenden Gesichter als Hohn. Geben sie ein wirkliches Bild seiner Lebensverhältnisse? Ist seine Unzufriedenheit begründet oder schädliches Wunschdenken? Wer spielt im Lande die erste Geige? Solche Fragen sind nicht unzulässig. Für solche Fragen braucht er sich nicht entschuldigen, denn die Personen, an die er sich wendet, sind seine Beauftragten. Seine Fragen sind nicht unruhestiftend, sie schaffen nicht Unruhe, sondern beugen der chaotischen Unruhe vor. Seine Schwäche liegt vielmehr darin, daß er die Hoffnung nicht aufgibt, die Politiker müßten doch eines Tages eine grundlegende Politikwende zugunsten des Volkes einleiten. Das war die Absicht, der überwiegenden Mehrheit der Wähler. Die Parteien wurden bestraft, doch der alte Kurs wird beibehalten, man möchte fast meinen, als wäre nichts geschehen. Also nichts da, das Pulver ist verschossen. Die vollmundigen Erklärungen über die überquel-lenden Steuereinnahmen wurden zurückgezogen und durch die Parole „die fetten Jahre sind vorbei“ ersetzt. Sparen ist angesagt. Was steht den Menschen bevor? Glaubte so mancher Deutsche  bisher, daß ein Denkzettel für CDU und SPD Wunder bewirken würde, so sehen diese Wähler sich jetzt in ihren Hoffnungen getäuscht. Und das Schmerzhafte daran ist, der Grund liegt in ihnen selbst. Der Bürger muss lernen, kritischer als bisher mit sich selbst umzugehen.

 

Es stellt sich heraus, dieses Motiv war wieder ein Fehlschlag. Mit dem Warten auf die Einsicht der Politiker vertieft man die Abhängigkeit von ihnen, verzichtet man auf eigenständiges Handeln. Und so geht ein Jahr nach dem anderen vorbei. Aber der Fatalismus hat noch einen anderen Grund. So mancher ist müde geworden nach all den Enttäuschungen. Er will keinen Konflikt. Er möchte eine gütliche Lösung. Vom demokratischen Standpunkt aus betrachtet, begründet das den unbedingt friedlichen Willen zur politischen Auseinandersetzung. Es ist schwieriger, eine verständliche Sprache zu sprechen, in einem Staat, friedliche Lösung zu finden, als zur Gewalt zu greifen. Gewaltsame Lösungen sind verpaßte Gelegenheiten. Die alten Weichenstellungen der Politik werden beibehalten. Aus der Enttäuschung über die Politik erwächst damit die Enttäuschung der Wähler über sich selbst, über die eigene Blauäugigkeit, von den Regierenden etwas anderes erwartet zu haben.

 

Das kritische Verhältnis des Wählers zu den Parteien ist in den meisten Fällen emotional begründet, wobei die Mehrzahl die Parteien überschätzt. Auf die Frage “Wer soll im Lande für Politik zuständig sein“ kommt Achselzucken. Die Parteien  halten das politische Geschäft fest in den Händen. Die Parteien stellen sich dar als politische Elite des Landes, die die politische Ordnung sicherstellen. Das Auftreten des Politikers in der Öffentlichkeit flößt Respekt ein, zumal der Bürger die Erfahrung machen mußte, daß Politik auch ohne ihn funktioniert. Sein Appell an die Vernunft, seine Petitionen und Warnungen blieben ohne Wirkungen. Der Bürger appellierte immer wieder an die Vernunft, schrieb Petitionen und warnte vor Fehlentscheidungen, doch es änderte sich nichts. Aber das Volk gibt nicht generell auf. Ein neues Selbstbewußtsein breitet sich aus. Die Volkssouveränität, niedergeschrieben im Grundgesetz, soll zur täglich ge- und erlebten Demokratie werden. Das Volk ist weiter als die Parteien, die ihnen dieses Recht streitig machen. Die Parteien unterschätzen die Notwendigkeit, die das Volk mit seinem Ruf nach mehr Demokratie verkündet. Die neue Volkssouveränität ist das praktische Maß der Freiheit.

 

Noch immer wird von vielen Bürgern die Meinung vertreten, der Wahlzettel ist das einzig legitime Mittel, das verknöcherte  Machtgefüge zu Fall bringen. Der Bürger hat ja die Möglichkeit, er muss sie nur gebrauchen, „Wahltag ist Zahltag“. Sofort meldet sich der Nachbar zu Wort, „Wenn Wahlen etwas verändern könnten, wären sie längst verboten“, „Wer zur Wahl geht, der hilft den Regierenden.“ Und tatsächlich, vor jeder Wahl appellieren die Parteien an das Wahlvolk, unbedingt vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, zu beweisen, daß die Demokratie lebt. Der kritische Bürger, der solche Diskussionen verfolgt, gerät ins Zweifeln. Er möchte das Wahre tun, aber er ist sich nicht sicher, ob er die Wahrheit weiß.

 

Die Demokratie ist keine Erfindung der Neuzeit. Seit Beginn der Herrschaftsgesellschaft waren die Machthaber bestrebt, ihre Vorrechte durch Zustimmung der Beherrrschten zu legitimieren, nicht aus einem Gerechtigkeitsgefühl heraus, sondern sie wollten ganz einfach fester im Sattel sitzen. So wurde die Demokratie eine Herrschaftsform und es entstand der Mythos der Volksherrschaft. Mythos deshalb, weil die Frage unbeantwortet bleibt, über wen soll das Volk herrschen? Insofern ist der Begriff Demokratie eine Utopie, der einen rationalen Kern enthalt, da die Herrschaftsgesellschaft zur Stabilisierung ihrer Macht, sich auf Kräfte orientiert, die den Herrschenden untertan sind. Von einer Volksherrschaft kann aber deshalb nicht gesprochen werden. Sie geben nicht Macht an die Beherrschten ab und stehen dem Volk auch nicht näher.  Solche Überlegungen bringen uns der Wahrheit nicht näher. Zwischen den Verbrechen der Demokraten und denen der Republikaner in den USA gibt es keinen Unterschied. Und folglich trifft es nicht zu, daß die Demokraten eine sozialere Einstellung haben als Republikaner. Das würde bedeuten, das Etikett,welches die Politiker gern  nach außen hin zeigen, für bare Münze zu nehmen. Die deutsche Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg dürfte noch manche Überraschungen bereithalten, die das „C“ der beiden Unionsparteien ins Zwielicht rücken.                               

 

Betrachtet man die zweite Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts, läßt sich ein starkes Verlangen der Völker bei der Gestaltung der politischen Verhältnisse feststellen. Beispielhaft waren hier die Volksbewegungen in den Ländern des früheren sozialistischen Machtblocks. Die Forderung nach freien demokratischen Wahlen stand dabei im Mittelpunkt. Über Jahrzehnte hattte sich ein großes Unbehagen angestaut, das sich durch das hohe Bildungsniveau ständig vergrößerte und nun mit unwiderstehlicher Wucht idie staatlichen Grundfesten zusammenbrechen ließ. Die Forderung nach freien Wahlen, ergänzt durch die Forderungen  nach Rede-freiheit, Reisefreiheit und schnelle Erhöhung des materiellen Konsums wurden zur Klammer der organisier-ten und der spontanen Opposition.

 

Politische Freiheit und Erhöhung des Wohlstands bilden für den Bürger eine Einheit. Diese Feststellung ist von großer Aktualität, insofern sie zwei maßgebliche Kriterien der gesellschaftlichen Erneuerung sind.

 

Demokratische Lebensverhältnisse werden von ihm komplex bewertet, zu ihnen gehören mehr politische Freiheit und hoher Lebensstandard für alle.

 

Mehr Demokratie muss mehr Wirkung zeigen bei der Erhöhung der Lebensqualität. Welchen anderen Sinn soll denn die volkssouveräne Demokratie haben? Letztlich geht es um neue Lebensinhalte, die dem Menschen sonst verschlossen bleiben. Die volkssouveräne Demokratie ist die gesellschaftliche Vorbeding-ung für einen höheren Lebensinhalt, sodaß sich ab dieser Stufe ein neues Naturverhältnis herausbilden kann, der einzigartige natürliche Sinn des Menschen. Das, was der Bürger spontan ausspricht, wenn er auf den Zusammenhang von Demokratie und Lebensqualität verweist, ist ein endloses Wechselspiel in seinem Leben, mit dem er sich tiefer in das Geflecht der Naturgesetze einarbeitet und sogar neue Existentzformen herorbringt. Er kopiert nicht nur die Natur, sondern schafft neue Existenzformen, tritt damit in die zweite Schöpfung ein. Der an dieser Stelle mitunter gemachte Hinweis, es gibt kein unbegrenztes materielles Wachstum, lenkt ab von der qualitativen Seite der Lebensqualität.

 

Zur Zeit gibt es keine bessere Grundlage für die gesellschaftliche Erneuerung als das Grundgesetz. Läßt  dieses eine gesellschaftliche Wandlung zu? Die Siegermächte waren an einer irreversiblen Ausrichtung deutscher Politik auf Frieden und Demokratie interessiert. Sie haben dabei ihre eigenen Erfahrungen und Interessen eingebracht. Daraus eine Ablehnung des Grundgesetzes abzuleiten, wäre falsch, denn damit würde der progressive Inhalt des Grundgesetzes ignoriert werden. Als das Grundgesetz geschrieben wurde, stand Deutschland noch am Pranger der Gcschichte. Ist es nicht an der Zeit zu fragen, hat das Grundgesetz seinen historischen Auftrag erfüllt? Auf Grund der Geschehnisse des Zwanzigsten Jahhrunderts haben die anderen Völker ein Recht auf eine freimütige und ehrliche Beurteilung der deutschen Nachkriegsentwicklung, die schließlich zu einem Friedensvertrag führen sollte. Die Antwort auf diese Frage muss vor allem von den Kräften kommen, die als Hauptsiegermächte an der Verfassung des Grundgesetzes beteiligt waren.

 

Deutschland steht vor einem nationalen Wendepunkt, der durch die Politik der deutschen Regierung stark ins Zwielicht gerät. Die Kritik der politischen Opposition in Deutschland sollte beachten, daß diese nationale Wende Deutschlands eng mit einem weltgeschichtlichen Umbruch verknüpft ist, zu dem Deutschland seinen Beitrag leisten muss.

 

Es wurde schon darauf hingewiesen, daß die Völker sich immer mehr bei der Problembestimmung und Problemlösung in den Vordergrund schieben und dabei Tacheles reden. Das ist ein Ausdruck für die gewachsene Leistungsbereitschaft der Völker und ihr neues Demokratieverständnis. Das gilt auch für Deutschland.

 

Die Wahrheit des neuen Weges wird von den Völkern gefunden, nicht von Politikern, die ihre Völker an die kurze Leine nehmen. In den Völkern liegt der Wissens- und Erfahrungsschatz, der jetzt gebraucht wird. Gut beraten sind also die Regierungen, die sich für die freie Volksdiskussion entscheiden.

 

 

 

 Johannes Hertrampf   17.05.2008